„Fuller House“: Die Tanners im Jahr 2016. Foto: Aseed Adyani/Netflix

Wenn nichts mehr hilft, helfen die Feuersteins: Die Fortsetzung der Fernsehserie „Full House“ heißt „Fuller House“, ist jetzt auf Netflix verfügbar und ist leider nicht besonders komisch.

Stuttgart - Wenn es noch eine letzte unkaputtbare Institution der US-Fernsehunterhaltung gibt, dann ist es die Familie. Selbst wenn diese in Sitcoms verlacht oder in TV-Seriendramen als dysfunktional entlarvt wird – als letzter Rückzugsort, als gesellschaftlicher Nukleus wird die Familie trotzdem nie infrage gestellt.

Die Cartwrights, Waltons, Addams, Carringtons, Ewings, Feuersteins, Bundys oder Simpsons haben als Serienfamilien nicht nur Generationen vor die Fernsehgeräte gelockt, sondern auch nachhaltig die Vorstellung davon geprägt, was eine typische US-Familie ausmacht. So unterschiedlich Serien wie „Bonanza“, „Dallas“ oder „Eine schrecklich nette Familie“ sind, so sehr propagieren sie doch das Ideal einer Familie, die in guten wie in schlechten Zeiten zusammenhält und die, aller unterschiedlichen Auffassungen zum Trotz, stets die Gemeinschaft sucht.

Wenn nichts hilft, hilft Familie Feuerstein

Full House“ ist da keine Ausnahme und gibt sich traditionsbewusst. Wenn in der Sitcom das Baby schreit, holen sich die Tanners stets Verstärkung bei einer anderen TV-Familie, versammeln sich um die Krippe und singen dem Schreihals die Erkennungsmelodie von „Familie Feuerstein“ vor. Das klappte vor 30 Jahren, als das Baby Michelle und die Serie, in der sie mitspielten, „Full House“ hieß. Und 2016 funktioniert der Trick immer noch, auch wenn das Baby jetzt Tommy jr. und die Serie „Fuller House“ heißt.

Seit Freitag ist die zunächst 13 Episoden umfassende Fortsetzung der Sitcom „Full House“ (1987–1995) beim Streamingdienst Netflix verfügbar. Die erwachsenen Hauptdarsteller von einst (John Stamos, Bob Saget, Dave Coulier) werden zu Nebendarstellern. D. J. (Candance Cameron), die älteste der Tanner-Töchter, ist jetzt alleinerziehendes Familienoberhaupt und Mutter dreier Söhne. Als mehr oder weniger hilfreiche Mitbewohner erweisen sich ihre Schwester Stephanie (Jodie Sweetin) und ihre Freundin Kimmy (Andrea Barber), die ihr Töchterchen Ramona mit in den Patchwork-Familien-Haushalt einbringt.

Ein bisschen wie ein Klassenstreffen

Aus „Full House“ wird jetzt „Fuller House“. Sonst ändert sich nichts. Fast nichts. Die erste Episode heißt deshalb auch „Wie in alten Zeiten, fast“ und gleicht ein bisschen einem Klassentreffen: Man begegnet hocherfreut nach vielen Jahren alten Bekannten wieder, es gibt ein großes, freudiges Hallo. Aber nach ein paar Minuten ist die Luft raus, und man weiß nicht, worüber man jetzt noch reden könnte.

Natürlich ist die Idee charmant. Und es ist toll, dass John Stamos (nun einer der Produzenten der Show) die Originalbesetzung fast komplett wieder vor die Kamera zerren konnte. Nur Ashley und Mary-Kate Olsen, die sich einst den Part der kleinen Michelle teilten, fehlen und werden mit einem bösen Blick in die Kamera abgestraft, mit dem das „Fuller House“-Team ein paar Sekunden zu lang die vierte Wand durchbrechen.

Doch die Neuauflage der Sitcom leidet nicht nur an schlecht getimten Pointen und überforderten Kinderdarstellern, sondern auch daran, dass 1987 eben nicht gleich 2016 ist, dass man heute andere Ansprüche an TV-Unterhaltung haben darf – auch an Sitcoms und an Familienserien. Wer braucht heute noch „Fuller House“, wenn er stattdessen „Modern Family“ anschauen kann?

„Fuller House“: die erste Staffel (13 Episoden) ist auf Netflix verfügbar.