Jonathan Hess ist ein ­ausdrucksstarkes Nachwuchsass. Sechsmal pro Woche trainiert er. Hinzu kommen Ballett und Krafttraining Foto: Pressefoto Baumann

Jonathan Hess (14) ist das Aushängeschild des tus Stuttgart Eissport. Beim an diesem Freitag beginnenden Heiko-Fischer-Pokal hofft er, sich erneut für den Bundeskader zu qualifizieren.

Stuttgart - Adrett sieht er aus in dem schwarzen Outfit. Bunte Pailletten zieren den Hals und den V-Ausschnitt des Oberteils und den Gürtel. Und man kann sich gut vorstellen, dass der Eiskunstläufer Jonathan Hess darin einen verführerischen Tangotänzer zu den Geigenklängen von Edvin Martons „Tango Amore“ aufs Eis zaubern kann. Doch an diesem Trainingsabend in der Eiswelt auf der Waldau muss das Training ausfallen.

Im Schulsport beim Fußballspielen ist Jonathan ein Mitschüler auf den rechten Fuß gesprungen – Diagnose Kapselanriss am großen Zeh. Einen Tag später nach einigen Behandlungen mit Eis sehen der Zeh und Jonathans Welt schon wieder besser aus, und einem Start beim 24. Heiko-Fischer-Pokal (27. Februar bis 1. März) steht nichts im Weg. „Jonathan ist ein Kämpfer, und er wird bis zum Wochenende wieder fit wird“, sagt Mutter Petra Hess.

Das hofft auch der Veranstalter tus Stuttgart, denn Jonathan Hess ist als einziger Bundeskaderathlet das Aushängeschild der traditionellen Eislaufveranstaltung. Zudem gewann er im Dezember die deutsche Meisterschaft bei der Nachwuchsklasse bis 15 Jahre. „Ich bin so oft Zweiter geworden und habe schon an mir gezweifelt. Jetzt hat es endlich geklappt“, erzählt Jonathan Hesse.

Ballett und Krafttraining

Der 14-Jährige hat hart dafür gearbeitet, steht sechsmal die Woche auf dem Eis. Hinzu kommen Ballett und Krafttraining. Einen Ausgleich zum Leistungssport findet er beim Geige spielen. Mit ihm haben sich auch seine drei Geschwister Lennart, Carolin und Tatjana gefreut, die ebenfalls auf dem Eis gelandet sind, obwohl die Eltern mit dem Sport nie etwas zu tun hatten. Eine erfolgreiche Familienangelegenheit, wie sich jetzt zeigt.

Es war auch ein besonderer Moment für Christel Hacker. Sie traute in der Eishalle in Oberstdorf hinter der Bande ihren Augen nicht, als Jonathan zur Musik von David Garrett die Kür seines Lebens lief und ein Programm ohne Wackler bei den Sprüngen, den Schritten und den Pirouetten aufs Eis zauberte. „Das war einfach perfekt. So gut ist noch nie ein Sportler von mir gelaufen“, sagt Christel Hacker, die sich beim tus seit 2006 um die Talente kümmert.

Die beiden sind ein eingespieltes Team. „Frau Hacker vermittelt mir vor dem Wettkampf die für mich so wichtige kontrollierte Lockerheit“, sagt Jonathan Hess. Natürlich gibt es in der Zusammenarbeit mit ihrem pubertierenden Schützling auch Reibungspunkte. „Ich muss schon schauen, dass ich beim Training sämtliche Ablenkungen von ihm fernhalte“, sagt Christel Hacker und schmunzelt.

Bald kommt der dreifache Rittberger

Inzwischen hat Jonathan mit dem Salchow und dem Toeloop zwei Dreifachsprünge im Repertoire und arbeitet auch am dreifachen Rittberger, den er seinen Fans bald präsentieren will. „Er ist mutig, einer, der sich was traut“, sagt Christel Hacker, die auch von der Sprungkraft und dem schnellen Drehmoment beeindruckt ist. Doch zur kompositorischen Sportart Eiskunstlaufen zählt auch die Präsentation. Für einen 14-Jährigen ist Jonathan schon erstaunlich ausdrucksstark. „Ich suche auch den Augenkontakt mit den Preisrichtern. Früher hatte ich immer einen Tunnelblick drauf“, sagt Jonathan Hess. Das kommt bei der Jury an.

Am 12. Februar stand Jonathan Hess bei den Bavarian Open mit bemerkenswerten 109,91 Punkten ganz oben auf dem Podest vor seinem Dauerrivalen Isaak Droysen vom WSV Aschaffenburg. „Wir sind auf einem ähnlichen Niveau und spornen uns gegenseitig an.“ Beim Heiko-Fischer-Pokal kommt es zum nächsten Duell, wenn Jonathan fit wird. Der Gymnasiast aus Ostfildern hätte zudem wieder eine Gelegenheit, sich für den Bundeskader zu qualifizieren. Dazu muss er die 100-Punkte-Marke knacken. Wenn ihm das nicht gelingen sollte, dann will Jonathan Hess spätestens am 14.März beim DEU-Pokal in Dortmund wieder angreifen.