Archivfoto: Arbeiterinnen verpacken Sportschuhe in einer Adidas-Produktionsstätte in Vietnam. Der Sportartikelhersteller will die Produktion wieder ein Stück weit zurück vor die Haustür holen. Foto: dpa

Die Sportartikelindustrie rüstet sich für die Technologie der Zukunft. Roboter oder 3D-Drucker sollen künftig Schuhe und Kleidung fertigen. Wie das geht, testet Adidas in einer eigenen Fabrik - in Deutschland.

Ansbach - Im beschaulichen Ansbach hat die Schuhproduktion der Zukunft bereits begonnen: Ein Roboterarm saust durch die Luft und klebt die drei typischen Adidas-Streifen auf die Textilhaut eines Schuhrohlings. In dem mittelfränkischen Städtchen, etwa 50 Kilometer vom Firmensitz in Herzogenaurach entfernt, hat Adidas eine Ideenschmiede errichtet. Auf dem Gelände der Oechsler AG tüftelt der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt derzeit an Laufschuhen, die weitgehend automatisiert hergestellt werden. Ähnliches passiert zur Zeit auch bei den Konkurrenten aus Amerika. Das Kräftemessen, wer als erstes die Produktion so revolutioniert, dass er schneller beim Kunden sein kann, ist im vollen Gange.

„Als Sportunternehmen wissen wir: Schnelligkeit siegt“, sagte Adidas-Chef Herbert Hainer am Dienstag nach einem Rundgang durch die Produktionshalle in Ansbach. Sein Pilot-Projekt hat er deshalb auch „Speedfactory“ getauft. Irgendwann, so das Gedankenspiel des Managers, soll der Kunde einfach in einen Laden gehen, seinen Fuß scannen lassen und dann ohne lange Warterei den nach seinen Wünschen gestalteten Schuh mit nach Hause nehmen können. Möglich machen sollen dies Roboter.

Spielfeld für die Branche

Noch steht das Verfahren am Anfang. Doch das Potenzial ist riesig, glaubt die Branche. Rund 300 Millionen Paar Sportschuhe produziert allein Adidas pro Jahr. Der überwiegende Teil davon stammt aus Zulieferbetrieben in Ländern wie China, Indonesien oder Vietnam. Dort lassen auch andere Sportartikler produzieren, weil die Löhne niedrig sind. Die Arbeitsbedingungen in diesen Ländern sind Menschenrechtsaktivisten seit jeher ein Dorn im Auge, auch wenn alle Konzerne stets betonen, dass sie ihre Zulieferer kontrollieren und auf die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards verpflichten.

Reine Menschenfreude steckt hinter der Idee, die Produktion wieder stärker vor die eigene Haustür zu ziehen, aber nicht. Auch hier geht es um Geld und Wettbewerbsvorteile. Lange Transportwege fallen weg, die Lagerhaltungskosten sinken, es gibt weniger Materialüberschuss - und man braucht natürlich weniger Personal.

Für die Branche ist es aber auch ein Spielfeld, um Neues auszuprobieren. Das US-Unternehmen Under Armour etwa brachte im März bereits eine streng limitierte Stückzahl von teilweise 3D-gedruckten Schuhen auf den Markt. Auf konventionelle Weise hätte der Schuh mit der Gittersohle nicht hergestellt werden können, sagte Under Armour-Manager Chris Lindgren der Fachpresse. Trotz des stolzen Preises von 300 US-Dollar für ein Paar waren die Schuhe im Nu ausverkauft.

Personalisierung von Sportartikeln könnte Schub bekommen

Adidas will im Herbst die ersten 500 Paar automatisiert hergestellte Laufschuhe auf den Markt bringen und im kommenden Jahr in Serie gehen. Auch die Konkurrenz ist nicht untätig. Die Firma New Balance aus Boston tüftelt ebenso wie Branchenprimus Nike an maßgeschneiderten Spikeplatten, die Sprinter schneller machen sollen. Puma wartet noch ab, bis die Technik ausgereifter ist.

Experten gehen davon aus, dass die Personalisierung von Sportartikeln durch die neuen Technologien einen Schub erhalten wird. Schon jetzt können Verbraucher bei der Farbe oder den Materialien mitreden. „Bislang sind solche Schuhe aber noch deutlich teurer und man muss mehrere Wochen auf die Sonderanfertigung warten“, sagt Jochen Schwind, Dozent für Sportmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg. Durch eine stärkere Automatisierung könnten sich die Kosten relativieren und die Wartezeit verringern. Das könne wiederum ein Anreiz für manchen Kunden sein.

Dass die Fabriken in Asien bald verschwinden werden, glaubt Schwind allerdings nicht. „Das halte ich für unwahrscheinlich.“ Bei Nike in Oregon ist man allerdings überzeugt, dass neue Technologien die Branche kräftig durcheinanderwirbeln werden. Eines Tages, so prophezeite es Nike-Vorstand Eric Sprunk auf einer Konferenz im vergangenen Jahr, werde vielleicht jeder einen 3D-Drucker zu Hause haben und damit selbst zum Produzenten werden: „Wir verkaufen dann nur noch die Dateien mit dem entsprechenden Design.“