Szene aus der Turngala, deren Tour am 10. Januar mit zwei Auftritten in der Schleyerhalle endet Foto: Lichtgut/Leif Piechowski Foto:  

Wenn bis zu 40 Kinder die große Show der Turngala eröffnen, dann ist das auch ihr Werk: Sonja Theodor hat für den Sechs-Minuten-Auftritt des Turnnachwuchses die Choreografie entworfen.

Stuttgart - Die Stuttgarter Realschullehrerin Sonja Theodor sieht das Ergebnis ihrer Arbeit kaum einmal. Nur in ihrer früheren Heimat Freiburg am 28. Dezember und zum Tourabschluss am 10. Januar in Stuttgart wird Theodor selbst im Publikum sitzen.

Jede Sekunde ist ganz genau getaktet

„Um die ganze Tour mit 19 Auftritten in 14 Städten und über zwei Wochen mitzumachen, fehlt mir einfach die Zeit“, sagt die 28-Jährige. Sie sieht es auch nicht unbedingt als notwendig an, bei jeder Station der Turngala persönlich anwesend zu sein. Die Betreuer der in jeder Stadt von anderen, eben den örtlichen Turnvereinen aufgebotenen Kindergruppen haben seit Wochen schon das schriftlich ausgearbeitete Konzept zur Choreografie in den Händen. „Jede Sekunde ist getaktet“, verweist Sonja Theodor auf ihre Regieanweisung. Auf zehn Seiten hat die langjährige Übungsleiterin und Theaterpädagogin neben den notwendigen Utensilien auch jeden Schritt, jede Szene und jeden Übergang genau dokumentiert und zum besseren Verständnis auch Beispielbilder angefügt.

Mit dem Material der Choreografin konnten die Trainer und ihre zwischen sechs und 14 Jahre alten Kinder vor Weihnachten üben, damit dann auch alles sitzt, wenn es so weit ist mit dem großen Auftritt vor Tausenden Zuschauern. Sonja Theodor kennt die Abläufe. „An den vier Wochenenden vor der Turngala habe ich damals immer mit unseren Mädchen geprobt“, erinnert sie sich an ihre Freiburger Zeit. Mit dem Nachwuchs aus ihrem Heimatverein TV Herdern nahm Theodor von 2008 an fünf Jahre lang an der Turngala teil, als diese in Freiburg ihr regelmäßiges Gastspiel gab. „Zweimal stand ich dabei sogar selber auf der Bühne, als ein Kind kurzfristig ausfiel und sein Platz wegen einer bestimmten Figur unbedingt besetzt sein musste.“

Die einzige Vorgabe war das Motto „Träume“

Im Sommer 2014 ist Sonja Theodor nach Stuttgart umgezogen. Sie unterrichtet an der Realschule in Bernhausen Englisch, Chemie und Mathematik. Der Sport, den sie ab frühester Kindheit sieben Jahre lang als Leistungsturnerin und schon im jugendlichen Alter als Trainerin liebte, fehlt ihr. „Ich bin hier noch vereinslos“, sagt Theodor über ihre ersten 18 Monate in der Landeshauptstadt. Umso erfreuter war sie, als in diesem Sommer von den Organisatoren der Turngala die Anfrage zur Kinder-Choreografie kam. „Ich hab‘ sofort zugesagt“, weiß Theodor noch genau.

Die einzige Vorgabe, die sie bei der Gestaltung zu berücksichtigen hatte, war das Motto der Turngala 2015/16 – „dreams“, zu Deutsch: Träume. „Ich habe mir überlegt, wovon Kinder träumen. Eine Reise mit dem Zug um die Welt ist dann dabei herausgekommen“, erzählt sie über den kreativen Prozess, der auch durch einen Spaziergang am Killesberg befeuert wurde. „Dort habe ich die kleine Eisenbahn gesehen, die im Park fährt und die Kinder fasziniert. Da hat es bei mir gezündet.“

Dumm, dass bei der Erprobung der Turnfiguren und Tanzschritte ein Unfall dazwischen kam. Die 28-Jährige brach sich Ende Juni beim Fußballspielen den Fuß. „Also musste meine Choreografie komplett im Kopf entstehen“, sagt Sonja Theodor. Sie behalf sich mit ihrer Fähigkeit, viel in Bildern denken zu können. Letztlich fand sie auch noch die passende Musik zur gespielten Kinder-Zugfahrt rund um die Welt.

Sonja Theodor freut sich auf die aktuelle Turngala. „Ich kenne die Veranstaltung seit 2006. Sie ist im Lauf der Jahre unheimlich gewachsen, weil die Qualität der Künstler sich immer weiter verbessert hat“, sagt Theodor. Bei der Turngala seien internationale Artisten im Einsatz, die ohne weiteres in jedem Spitzenzirkus auftreten könnten. Das Schöne für die Kinder: Nach ihrem eigenen Auftritt zu Beginn können sie diese Turnkünstler aus nächster Nähe erleben und dürfen am Ende der Show mit den Stars noch einmal die Bühne betreten. „Das wird für die Kinder und ihre Eltern ein bleibendes Erlebnis“, ist sich Sonja Theodor sicher.

Die Turngala startete am Sonntag in Villingen-Schwenningen und gastiert im Land unter anderem in Aalen (1. 1.), Tübingen (4. 1.), Ludwigsburg (7. 1.), Göppingen (8. 1.) und zum Abschluss in Stuttgart (10. 1., 14 und 18.30 Uhr, Schleyerhalle). www.turngala.de