Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen geht davon aus, dass die bekannten Ermittlungen des Generalbundesanwalts nur „die Spitze des Eisbergs“ sind. Foto: dpa

Jedes vierte Verfahren des Generalbundesanwaltes wegen Agententätigkeit in Deutschland richtet sich derzeit gegen Angehörige und Spitzel des türkischen Geheimdienstes MIT.

Stuttgart - Generalbundesanwalt Peter Frank lässt aktuell in Deutschland gegen 19 Informanten und Angehörige des türkischen Nachrichtendienstes MIT ermitteln. Elf Verfahren davon wurden in diesem Jahr aufgenommen. Damit hat sich die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen türkische Agenten in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Linke) hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Demnach richtet sich jedes vierte Verfahren wegen mutmaßlicher Agententätigkeit in Deutschland gegen den MIT.

„Trotz der steigenden Zahl von Ermittlungen, gehe ich davon aus, dass es sich lediglich um die Spitze des Eisberges handelt“, befürchtet Dagdelen. Es sei zu befürchten, dass der Generalbundesanwalt aus Rücksichtnahme vor dem Nato-Partner Türkei in vielen Fällen erst gar nicht ermitteln könne.

Bereits während der sogenannten NSA-Affäre hatte das Justizministerium die Ermittlungen des deutschen Chefanklägers beeinflusst. Damals hatte der US-Geheimdienst NSA auch Bundesbürger in Deutschland elektronisch ins Visier genommen und ausspioniert – allen voran Kanzlerin Angela Merkel (CDU), deren Mobiltelefon die Geheimdienstler abhörten.

Rücksichtnahme auf den Nato-Partner Türkei?

Das für Spionageabwehr zuständige Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) setze „seine verstärkte Bearbeitung des türkischen Nachrichtendienstes im Rahmen der sogenannten 360 Grad-Bearbeitung“ fort, antwortet die Bundesregierung auf die Fragen Dagdelens. Im deutschen Inlandsgeheimdienst ginge man „allen Hinweisen auf eine statuswidrige Tätigkeit“ des MIT in Deutschland unvermindert nach.