Sein halbes Leben lang hat Titus Häussermann den Silberburg-Verlag geleitet. Nach 32 Jahren ist nun Schluss. Foto: Berardi

Der Tübinger Silberburg-Verlag, der Platzhirsch unter den Herausgebern regionaler Bücher, ist an die Bruckmann-Gruppe verkauft worden. Für die Verleger Titus Häussermann und Christel Werner ein wohl überlegter Schritt.

Tübingen - Mit Superlativen jongliert Titus Häussermann nur selten. Der Gründer des Silberburg-Verlags ist ein Mann des schwäbischen Understatements. Einer, der locker zehn Stunden am Tag arbeitet und sagt, dass er Freude am Job hat. Einer, der lange überlegt, ob er zu Werbezwecken ein Transparent mit dem Firmennamen vor seinem Verlagsgebäude in Tübingen aufhängen soll und sich dann entscheidet, dass es reicht, wenn der Name in kleinen Lettern am Briefkasten steht. Umso bemerkenswerter ist es, wenn der 61-Jährige jetzt sagt: „Wir waren der größte inhabergeführte Regionalverlag in Deutschland, gegründet 1985 in einem Büro im Tiefparterre im Stuttgarter Westen.“

Seit wenigen Tagen ist die Eigenständigkeit des Verlags mit seinen jährlich rund 70 Neuerscheinungen und 16 Mitarbeitern Geschichte. Die Verleger und Lebenspartner Christel Werner und Titus Häussermann haben ihre Anteile an das GeraNova Bruckmann Verlagshaus in München verkauft, ein Unternehmen, das durch Zukäufe bereits Regionalia im Portfolio führt. Über die Summe schweigen sie sich aus. „Wir wollten raus, die Zeiten wurden immer schwieriger“, sagt Titus Häussermann, „das ist eine gute Lösung – für die Mitarbeiter, für die Autoren und für uns selbst.“

Die Tübinger Verleger haben es sich mit ihrer Entscheidung aufzuhören, nicht leicht gemacht. „Ich habe mindestens zwei Seelen in meiner Brust“, gibt Häussermann zu und wird seinen Schreibtisch wohl vermissen. „Wir haben keine Kinder, es gab niemanden im Betrieb, der übernehmen wollte, da mussten wir eine Nachfolgeregelung treffen“, sagt der Geschäftsführer und will noch bis zum Jahresende beratend tätig sein. Die programmatische Ausrichtung auf baden-württembergische Themen und Heimatliteratur aller Art, der Autorenstamm und die regionale Verwurzelung sollen erhalten bleiben. Auch der Firmensitz werde weiterhin Tübingen sein, heißt es, allerdings nicht mehr wie bisher im idyllischen Bebenhausen mit seinem Kloster. „Es wird wohl eher eine bezahlbare Fabriketage im Industriegebiet“, sagt Häussermann augenzwinkernd, ausgezogen wird auf jeden Fall bis Ende des Jahres.

Ständig neue Gesetze behindern die Arbeit der Verlage

Die Widrigkeiten in der Buchbranche haben das Ihre dazu beigetragen, um den Verkauf voranzutreiben. Mit Büchern lässt sich immer schwerer Geld verdienen. „Es ist nicht nur eine Delle im Geschäft, sondern ein Systemwechsel“, sagt Häussermann, vieles habe sich ins Internet verlagert. Amazon mache mit seinen unverschämten Konditionen den kleineren Häusern das Leben schwer und zudem gebe es immer weniger Buchhandlungen. Als ob all das nicht reiche, um besorgt in die Zukunft blicken zu müssen, habe auch noch die Verwertungsgesellschaft Wort ihre Ausschüttungspraxis geändert, sagt Häussermann. Er habe einen Kredit aufnehmen müssen, um Tantiemen, die früher an die Verlage gingen und inzwischen laut Urteil des Bundesgerichtshofes an die Autoren fließen sollen, rückwirkend zurückzahlen zu können. „Durch ständig neue Gesetze wird unsere Arbeit immer mehr behindert“, ärgert sich Titus Häussermann.

Für so manchen Verlag ist es gewinnbringend, unter ein finanzkräftigeres Dach schlüpfen zu können. Der Konrad Theiss Verlag, gegründet 1956 in Aalen, wurde 1997 ein Tochterunternehmen der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft und hat sein Profil seither ausgebaut. Er war einst auf Regionalia sowie Archäologie spezialisiert und hat inzwischen verstärkt wissenschaftliche Titel im Programm. Der Stuttgarter Firmensitz wurde anfangs zwar beibehalten, aber dann doch vor einigen Jahren in Richtung Darmstadt verlagert.

Für Reinhilde Rösch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels Baden-Württemberg ist das Ende der Selbstständigkeit eines Regionalverlages mit Herausforderungen verbunden. „Man kann das Geschäft nicht aus der Ferne machen“, sagt die Geschäftsführerin und warnt davor, die regionale Verankerung zu schwächen. „Es braucht viele persönliche Kontakte zum Buchhandel vor Ort“, regionale Titel müssten auch regional in den Regalen zu finden sein. Den Verkauf des Silberburg-Verlags sieht Rösch als einen herben Verlust für Baden-Württemberg, das sich als Standort für wissenschaftliche Literatur und Fachbücher bewährt habe, aber auf dem belletristischen Sektor immer mehr abbaue. „In einer großen Unternehmensgruppe fehlt es oft an Herzblut für einen einzelnen Verlag“, gibt Rösch zu bedenken und wünscht den belletristischen Perlen in der Branche wie etwa dem Verlag Klöpfer & Meyer in Tübingen oder dem Lauinger Verlag in Karlsruhe Durchhaltevermögen. „Es ist nicht so golden im Moment“, weiß die Geschäftsführerin, „man braucht viel Engagement, um kleine Ergebnisse zu erzielen.“

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