Das Warten hat ein Ende: Der Hoffenheimer Sandro Wagner darf gegen Leverkusen jubeln. Foto: Bongarts

Die TSG Hoffenheim marschiert weiter Richtung Champions League. Beim 1:0-Sieg gegen Leverkusen traf nach längerer Flaute Sandro Wagner – doch er ist nicht der einzige TSG-Stürmer, der sich im Aufwind befindet.

Sinsheim - Die Frage war noch nicht zu Ende formuliert, da fiel Sandro Wagner dem Reporter freundlich, aber sehr bestimmt ins Wort: „Das war ganz klar mein Tor, der Schiedsrichter sieht es auch so, alles gut“, sagte Wagner: Basta!“ Eine Diskussion, ob sein entscheidendes 1:0 gegen Leverkusen vielleicht nicht doch eher Bayer-Torwart Bernd Leno zuzuschreiben sei, würgte der Stürmer der TSG Hoffenheim kalt ab.

Endlich stand Wagner wieder als Torschütze in der Statistik, nach zuvor 519 Minuten ohne Treffer, wie gnadenlose Erbsenzähler ausgerechnet hatten. Zwar wäre der Ball nach seinem verunglücktem Versuch ziemlich am Tor vorbeigegangen, wenn dieser nicht Leno an die Hacke und von dort ins Netz geprallt wäre (62.). Aber was soll’s? Manchmal, gab Wagner zu, brauche ein Stürmer eben auch einen Moment des Glücks, um dem Lauf der Welt und dem des Balles eine Wende zu geben.

In der Offensive hat Trainer Julian Nagelsmann fast grenzenlose Optionen

Zuletzt hatte Wagner dieses Glück im Abschluss nicht. Krise wäre aber ein zu großes Wort für die Leistungen des 29-Jährigen, den jüngst ein finanziell unanständiges Angebot aus China ins Grübeln gebracht hatte. Zum Rückrundenauftakt war er in Leipzig vom Platz geflogen und zwei Spiele gesperrt worden; danach gelang ihm kein Tor und auch sonst nicht alles.

Aber es ist ja eine der großen Stärken dieser Hoffenheimer unter Trainer Julian Nagelsmann, dass Schwächephasen einzelner Spieler nicht zum Nachteil werden – selbst die des unumstritten Anführers Sandro Wagner. In der Offensive hat sich Nagelsmann im Laufe dieser Saison fast grenzenlose Optionen geschaffen, er sagt: „Ich habe die Fantasie, jeden Spieler in meinem Kader besser zu machen.“

Einer der vielen Hoffenheimer Stürmer trifft immer

Einen Startelfeinsatz kann man sich verdienen, das spüren seine Spieler und das motiviert sie. Adam Szalai etwa spielt plötzlich wieder so stark wie einst in Mainz, dabei stand der Ungar im Sommer zum Verkauf. Trifft Wagner nicht, trifft eben der ähnlich wuchtige Szalai. Oder der flinke Marco Terrazzino, der in der Vorrunde fast nur auf der Tribüne saß. Und als in der Vorrunde der hochbegabte Andrej Kramaric Ladehemmung hatte, traf eben Wagner – oder der unberechenbare Mark Uth. Der fehlt zwar derzeit verletzt, aber auch das fällt nicht ins Gewicht, weil Kramaric wieder Tore schießt und zudem immer unwiderstehlicher dribbelt. Einer dieser vielen Stürmer trifft eben immer. Das sei ein schöner Kreislauf, sagt Nagelsmann.

In Roberto Firmino (für 41 Millionen Euro nach Liverpool) und Kevin Volland (für 20 Millionen nach Leverkusen) verlor Hoffenheim in den beiden letzten Sommertransferperioden seine besten Angreifer – und ist im Offensivspiel trotzdem noch besser geworden. Volland muss nun zuschauen, wie Bayer selbst sein Minimalziel Europa-League immer mehr aus den Augen verliert, während Hoffenheim der Champions-League immer näher kommt.

Die TSG spielt nicht am Limit – man traut ihr immer noch mehr zu

Innerhalb nur eines Jahres brachte Nagelsmann die TSG in allen Bereichen auf ein Champions-League-reifes Niveau: Hoffenheim gewinnt nun enge Spiele, Hoffenheim verteidigt plötzlich einen Vorsprung souverän, Hoffenheim spielt spektakulär Fußball. Dabei erwecken die Auftritte nicht den Eindruck, als spiele hier ein Emporkömmling über seinem Limit. Das Gegenteil ist der Fall: Man traut dieser Mannschaft nur immer mehr zu. Nagelsmann hilft seiner Elf während einer Partie durch Einwechslungen, Umstellungen und taktische Anweisungen immer wieder entscheidend. Der 29-Jährige ist ein außergewöhnlich begabter und effizienter Spieledeuter.

Aber der junge Trainer ist auch lebensklug – Nagelsmann weiß: „Es geht nicht immer nur gerade aus im Leben.“ Niemand weiß das besser als Sandro Wagner, dessen Laufbahn schon tiefe Tiefen erlebt hat. Dass er nicht für die Länderspiele der Nationalelf nominiert wurde, nahm Wagner sportlich: „Jogi Löw hat sich anders entschieden, das akzeptiere ich. Ich werde weiter Gas geben. Wenn ich irgendwann mal nominiert werden sollte, freue ich mich – wenn nicht, dann ist das auch okay.“