Jüngster Manager der Bundesliga: Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen Foto: Baumann

Alexander Rosen, der Sportchef der TSG Hoffenheim, spricht im Interview über den neuen Weg des VfB Stuttgart und die Parallelen zur TSG.

Stuttgart – - Herr Rosen, dürfen die TSG-Profis Alex zu Ihnen sagen?
Das kommt darauf an. Wieso fragen Sie?
Bei Ihrem Namensvetter Alexander Zorniger gilt: „Wenn einer Alex zu mir sagt, hat er ein Problem. Ich bin ja nicht der Kumpel der Spieler.“ Wie halten Sie das?
Die Mehrzahl siezt mich mittlerweile. Bei Spielern, mit denen ich noch zusammen gespielt habe, hat sich an der Ansprache natürlich nichts geändert. Respekt füreinander ist in jedem Fall da.
Also ist Alex erlaubt?
(Lacht) Ja. Der 17 Jahre alte Nachwuchsspieler wählt aber schon das Sie.
Sie sind nach wie vor der jüngste aller Bundesligamanager. Fühlen Sie sich nach zweieinhalb intensiven Jahren im Amt noch als Lehrling?
Es ist viel passiert in dieser Zeit, wir konnten viel umsetzen. Als Lehrjahre habe ich das aber nie verstanden, dazu war die Arbeit zu intensiv und auch verantwortungsvoll. Da war meine Zeit als Leiter der Hoffenheimer Nachwuchsakademie schon eher eine Art Ausbildung. Danach ging es von null auf hundert – und ich finde, wir konnten uns als starkes Team gut und schnell freischwimmen.
Sie haben das Amt im April 2013 mitten im Kampf gegen den Abstieg übernommen, den Neustart gewagt und mehr auf Spielart denn auf Ergebnisse geschaut. Wie schwer ist so etwas im Bundesliga-Alltag umzusetzen?
Das hängt immer von der Situation ab. Damals war es nicht so schwierig.
Weil Sie gefühlt schon abgestiegen waren?
Genau. Die Clubführung wollte damals einfach wieder das alte Hoffenheim haben. Und das ligaunabhängig. Wir konnten das also kompromisslos angehen.
Also ist es jetzt schwieriger, sich jederzeit treu zu bleiben und die Ergebnisse auszublenden?
In der täglichen Bewertung hängt viel vom Ergebnis ab. Hinzu kommt die Erwartungshaltung von Fans und Medien. Da ist es oft schwierig, die nötige Zeit zu bekommen.
Der VfB Stuttgart hat die Uhr in der Sommerpause auf Null gestellt, der Start ging mit sechs Niederlagen in sieben Spielen in die Hose. Ist der Weg noch glaubwürdig zu gehen?
Die entscheidenden Fragen sind doch immer: Wird der Weg von allen handelnden Personen bedingungslos gegangen? Wird eine Negativserie in Kauf genommen? Bröckelt schon was? Das alles kann ich in Bezug auf den VfB aber nicht beurteilen. Ich kann nur sagen, wie es bei uns war.
Bitte.
Alle standen und stehen zu einhundert Prozent hinter unserem Weg.
Ist diese Konsequenz beim VfB zu erkennen?
Ich kann nur das beurteilen, was ich aus der Ferne sehe, und da kann ich keine Zweifel entdecken.
Das Manager-Trainer-Duo Alexander Rosen/ Markus Gisdol könnte also Vorbild sein für Robin Dutt und Alexander Zorniger?
(Lacht) Es wäre vermessen, wenn ich uns als Vorbild darstellen würde. Grundsätzlich ist es sicher ein Vorteil, wenn man Vertrauen hat, Kontinuität zeigt und Schwächephasen gemeinsam übersteht. Es greifen doch viel zu oft die marktüblichen Mechanismen.
Also kopiert der VfB doch die TSG?
Hier geht es nicht ums Kopieren. Natürlich gibt es immer mal wieder Parallelen. Das betrifft auch das fußballerische Konzept.
Die Trainer denken offensiv. Von Ihnen dagegen stammt der Satz: „Eine Stagnation muss man auch mal aushalten können.“ Wie soll das funktionieren?
Das eine ist ja getrennt vom anderen zu sehen. Die Marschroute auf dem Platz und die allgemeine Entwicklung einer Mannschaft und eines Clubs sind unterschiedlich zu betrachten. Es hilft, wenn man weiß, woher man kommt und welche Möglichkeiten man hat. Die ersten sechs Clubs der vergangenen Bundesligasaison sind in Sachen Umsatz und Etat den anderen enteilt. Wir haben natürlich Ambitionen auch mal oben rein zu stoßen, letztlich geht es aber darum, ein stabiles Mitglied der Bundesliga zu sein.
Wie kann man diese Top-Sechs attackieren?
Es gibt Clubs, die kannst du kurzfristig nicht einholen, außer sie begehen gravierende Fehler. Der FC Bayern, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und Schalke 04 waren jahrelang in der Champions League dabei. Der VfL Wolfsburg hat enorme finanzielle Mittel, und Borussia Mönchengladbach hat sich die Zugehörigkeit hart erarbeitet. Die Borussia zum Beispiel ist ein Club mit großem Vermarktungspotenzial und einer langen Bundesligageschichte. Wir dagegen sind erst im achten Jahr in der Bundesliga.
Im Vergleich der finanziellen Möglichkeiten könnte man aber auch sagen: Die TSG verfügt über die Millionen von Dietmar Hopp.
Ich halte wenig von diesem Klischee. Wir wollen und müssen auf eigenen Beinen stehen. Deshalb sind wir auf Transfererlöse angewiesen. Wir haben längst nachgewiesen, dass wir seriös arbeiten, auf allen Feldern wachsen und junge Spieler entwickeln. Der Wechsel von Roberto Firmino zum FC Liverpool ist doch für beides das beste Beispiel.
Wo sind diese 41 Millionen Euro denn hin?
Wir haben von Anfang an betont, dass wir diese Summe nicht reinvestieren. Wir müssen auch aus derartigen Überschüssen den laufenden Betrieb bestreiten. Zudem haben wir in vorherigen Transferperioden bereits im Vorgriff gehandelt.
Arbeiten Sie denn mittlerweile unabhängig von Dietmar Hopp?
Das ist Vorgabe der Geschäftsführung und Teil des Financial Fairplay.
Aber Sie gehen doch sicher befreiter ins Risiko? Zur Not gibt’s ja noch Herrn Hopp.
Nein, diese Zeiten sind lange vorbei. Und so denken wir auch nicht.
Aktuell müssen Sie dagegen den großen Umbruch im Kader bewältigen . . .
. . . der in diesem Sommer aus unterschiedlichen Gründen größer war als geplant. Nun sind wir dabei, eine neue, spannende Mannschaft aufzubauen. Das braucht ein wenig Zeit, aber wer genau hinschaut, der sieht schon die Ansätze.
Gute Ansätze hat auch Kevin Kuranyi nach seiner Rückkehr aus Russland gezeigt. Zuletzt tauchte er ein wenig ab.
Wir sind froh, dass wir Kevin haben. Zum einen ist da die sportliche Komponente, wir sind überzeugt, dass er unserer jungen Truppe mit seiner Erfahrung und seiner Torgefahr hilft. Das gilt auch für seine integrative Art. Auch er passt in diese Mannschaft, von der wir generell überzeugt sind – auch wenn uns die bislang fünf Punkte aus sieben Spielen noch nicht zufrieden stellen.
Die Bedeutung des Spiels am Samstag ist also groß – für den VfB aber vermutlich noch größer als für die TSG.
Wieso? Auch für uns und unsere Fans ist dieses Spiel extrem wichtig. Unser klares Ziel ist es, dieses Heimspiel gegen den VfB, das wir als Derby ansehen, zum dritten Mal nacheinander zu gewinnen.