Zum 90. Geburtstag der schwäbischen Schauspielerin Trudel Wulle sendet das SWR-Fernsehen am 10. Oktober, 18.45, ein Porträt Foto: SWR/Steffen Bohnert Foto:  

Ihr Humor ist knitz, die hohe Stimme ihr Markenzeichen: Die Schwaben verehren Trudel Wulle, weil sie eine von ihnen ist, die mit Witz, Bescheidenheit und einem großen Herzen das Auf und Ab des Lebens meistert. An diesem Samstag feiert die beliebte und liebenswerte Schauspielerin ihren 90. Geburtstag.

Stuttgart/Wildberg - Wenn man bei ihr im Schwarzwald anruft, meldet sie sich mit „Schultheiß“. Und doch ist die am 10. Oktober 1925 in Heilbronn geborene Ur-Schwäbin immer auch die Trudel Wulle geblieben, als die man sie vom Theater, von Fernsehserien und Lesungen aus mehreren Jahrzehnten kennt, schätzt und liebt. An der Seite ihres Mannes Walter Schultheiß spielte sie mehrfach seine Schwester, nie seine Ehefrau, etwa in der Wengerter-Serie „Eugen“, die in den 1980ern im Südwesten eine bessere Quote erzielte als „Dallas“.

Beim „König von Bärenbach“ war sie die Fußpflegerin, bei „Laible und Frisch“ die Sekretärin des Bürgermeisters, als Marktfrau kommentierte sie politisches Geschehen live und verscheuchte in der ARD-Serie „Berlin, Berlin“ die spuckende Lolle. Immer war ihr die Hauptrolle daheim in der Familie sicher. Als ihr Sohn Götz, der heute als Journalist für die Lokalredaktion der Stuttgarter Nachrichten arbeitet, vor 60 Jahren zur Welt kam, trat Trudel Wulle ganz bewusst und mit großer Hingabe „in die zweite Reihe“, wie der TV-Autor Felix Huby in dem schönen Porträt von Frieder Scheiffele sagt, das am Samstag, 18.45 Uhr, zum Geburtstag im SWR-Fernsehen ausgestrahlt wird.

Ihr Wunsch sind „schöne Momente mit der Familie“

Der Schauspielerin, die nach Kriegsende dem Ensemble des Volkstheaters Stuttgart angehörte, mit dem sie an der Seite ihres Mannes in Operetten wie „Maske in Blau“ und „Im weißen Rösl“ auf der Bühne stand, gefällt es, dass sie die meiste Zeit die „Frau Schultheiß“ ist. Heute, da sie ein seltenes und weit überm Durchschnitt liegendes Alter erreicht, spürt sie immer stärker, wie wichtig die Familie ist. „Ohne meinen Götz wäre ich nicht mehr am Leben“, sagt sie.

Je älter man wird, desto intensiver konzentrieren sich die Wünsche auf das Wesentliche. Und deshalb sagt Trudel Wulle, dass sie für den Rest ihres Lebens, der ihr gegeben ist, „schöne Momente in der Familie“ wünscht, „net mehr“. Im Beruf haben sich für sie viele Wünsche erfüllt, wenn auch nicht alle. Jetzt hat sie ein Alter erreicht, wo man frei von Illusionen leben kann und sich nichts mehr beweisen muss. Den Rummel, der zu ihrem 90. Geburtstag entstanden ist, hätte sie nicht gebraucht. Und doch sagt sie : „Jetzt ziehen wir’s durch!“

90 Jahre – was sind schon 90 Jahre in der Familie Wulle? Ihre Schwester ist 95 „und sieht jünger aus als ich“, wie die Schauspielerin sagt. Mit ihr ist sie in Heilbronn aufgewachsen, wo ihre Eltern 1944 bei einem Luftangriff ums Leben kamen. In dem Film, der eine Hommage an eine große Volksschauspielerin ist, gibt es eine Szene, die unter die Haut geht. Man sieht Heilbronn in Flammen. Trudel Wulle stockt die Stimme, ihre Augen werden feucht, da sie an die Eltern denkt, die sie viel zu früh verloren hat.

Natürlich wird in dem Film auch viel gelacht, wie das immer der Fall ist, wenn Trudel Wulle und Walter Schultheiß agieren. Die beiden bilden eine ideales Gespann – als hätten sie sich gegenseitig das letzte fehlende Puzzleteil zu ihrem Glück geschenkt. Die eine ohne den anderen scheint nicht denkbar zu sein. Weggefährten wie die Schauspielerkollegen Monika Hirschle, Simon Licht und der Komiker Dominik Kuhn heben dies vor. Der Humorist Winfried Wagner sagt, seit seiner Kindheit sei er von ihrer „unverwechselbaren und faszinierenden Stimme“ begeistert, von der hohen Sprachmelodie. „I hedd en dere Stemma bada könna“, sagt er über die „schwäbische Koryphäe“. Trudel Wulles Stimme habe „viele Nuancen“, findet Monika Hirschle.

„Sie hat das Gesicht mit Charme ausgeglichen“

90 Jahre in einem erfüllten Leben – da kommen zum Gefühl der Dankbarkeit viele Erinnerungen hoch. Unvergessen ist ihr erstes Vorsprechen am Volkstheater Stuttgart. „Ich hatte einen Ausschlag im Gesicht“, erzählt sie, „wegen meiner Allergie gegen Primeln.“ Am Ende habe der Prüfer gesagt, sie habe „das Gesicht mit Charme ausgeglichen“. Das sind Dinge, die man nicht vergisst – wie auch ein Auftritt in der Komödie „Hochzeitsreise ohne Mann“, in der plötzlich der männliche Hauptdarsteller ausfiel. Die junge Trudel Wulle rettete die Aufführung, indem sie als Braut ihren Part spontan änderte und damit die Handlung am Leben hielt.

Für die Jubilarin, die sich ihre Freude an bunten Farben bewahrt hat und sich gern lebensfroh kleidet, gibt es an ihrem 90. Geburtstag am Vormittag einen Empfang mit dem Bürgermeister von Wildberg. Dann aber will Trudel Wulle mit ihrer Familie allein sein. Sehr rührend schenkt ihr Walter in dem Film zum Schluss eine Rose. Seine Liebeserklärung endet mit den Worten: „Ich könnte meine Frau jedem empfehlen.“

Wir empfehlen das Porträt um 18.45 Uhr im SWR-Fernsehen. Die vielen Freunde von Trudel Wulle haben alle Grund, diese liebenswerte Frau hochleben zu lassen. Sie müssen ihr ja nicht gleich Primeln schenken.