Mit einem Sonderprogramm zum Ausbau von Betreuungsplätzen verteilt der Bund viel Geld an die Länder – Geld, das Baden-Württembergs Städte offenbar nicht nötig haben. Foto: dapd

Obwohl Betreuungsplätze fehlen, rufen Städte nur Teil der Bundesmittel ab. Ringen um letzte Millionen.

Stuttgart/Berlin - Knapp 297 Millionen Euro stellt der Bund dem Land von 2008 bis 2013 für den Ausbau von Kindertagesstätten zur Verfügung. Lange Zeit ist nichts passiert, nun wird die Zeit knapp.

Stichtag ist der 1. August 2013. Dann hat jedes Kind bis drei Jahre einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. In Baden-Württemberg lag die Betreuungsquote laut aktuellsten Zahlen im vergangenen Jahr bei 20,8 Prozent. 18 Prozent der Eltern schickten ihr Kind in eine Kindertagesstätte (Kita), der Rest in eine Tagespflege. Der Städtetag nennt bis zum Stichtag im kommenden Jahr eine Zielgröße bei der Betreuung von 34 Prozent. Mit dieser Quote sei der Rechtsanspruch erfüllbar – aufs ganze Land gerechnet. „In den großen Städten wird dies aber auf keinen Fall reichen“, fürchtet die Sozialdezernentin des Städtetags, Agnes Christner. Doch genau dort suchen Eltern verstärkt nach Betreuungsangeboten. Ein weiteres Problem sieht Christner im Fachkräftemangel. „Es wird schwer, ausreichend Betreuer zu bekommen, selbst wenn die Kita gebaut ist. Dann spielt auch die Quote keine Rolle mehr.“

„Man wollte nicht, dass Mittel abgerufen werden, die hinterher nicht gebraucht werden“

Warum die Städte in Baden-Württemberg nur so wenig Geld aus dem Förderprogramm des Bundes abgerufen haben, erklärt der Städtetag mit stringenteren haushaltsrechtlichen Vorgaben als in anderen Ländern. „Man wollte nicht, dass Mittel abgerufen werden, die hinterher nicht gebraucht werden“, erklärt Christner. Zudem seien viele Kommunen angesichts der Finanznot zögerlich gewesen, was neue Investitionen angeht. Jetzt sei das Programm aber am Laufen, das Geld werde voll ausgeschöpft. Was dazu führt, dass die Mittel knapper und die Antragsteller immer mehr werden. Für viele Träger wird am Ende nicht mehr viel übrig bleiben, fürchtet der Städtetag.

„Wir können den Kommunen nicht befehlen: Jetzt macht mal“, sagte eine Sprecherin von Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD). Das Land gibt den Kommunen eigenes Geld für den Ausbau – für den Bedarf sei jede Stadt und Gemeinde selbst verantwortlich.

Der Kita-Ausbau ist aber eine deutschlandweite Aufgabe. Diesen Mittwoch wird Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) einen Aktionsplan zum beschleunigten Kita-Ausbau vorlegen. Ein Kernpunkt wird dabei nach Informationen unserer Zeitung die Bereitstellung von günstigen KfW-Krediten für Kommunen sein. Auch sollen Bauvorschriften vereinfacht werden. Dass der Plan jetzt vorgelegt wird, ist kein Zufall. Inzwischen liegt nämlich auch Schröders Gesetzentwurf für das Betreuungsgeld vor. Der Kita-Ausbau soll Skeptikern die Zustimmung leichtermachen. Klar ist inzwischen, dass auch berufstätige Eltern in den Genuss des Betreuungsgeldes kommen können. Voraussetzung ist nur, dass ihr Kind nicht in einer staatlich geförderten Betreuung untergebracht ist.

Die FDP knüpft ihre Zustimmung an Bedingungen. Ihr Gesundheitsexperte Lars Linnemann will die Unterstützung der Liberalen an eine Einigung auf eine finanzielle Förderung einer privaten Pflegezusatzvorsorge binden.