Das Sturmgewehr G36 hat enorme Probleme mit der Zielsicherheit. Foto: dpa

Die Bundeswehr hat massive Zweifel an der Treffsicherheit des Sturmgewehrs G36. Trotzdem kaufen die Truppen weiter fleißig bei Heckler & Koch ein – der Waffenschmiede, aus der das G36 kommt.

Berlin - Wegen der Präzisionsprobleme beim Sturmgewehr G36 kauft die Bundeswehr 1200 neue Gewehre vom selben Hersteller Heckler & Koch. Die 600 Sturmgewehre G27P und 600 leichten Maschinengewehre MG4 sind für die Soldaten im Einsatz als Übergangslösung bestimmt und sollen zwischen November 2015 und Ende 2016 beschafft werden. Ob die 167.000 Exemplaren des G36 ausgemustert oder nachgerüstet werden, will das Ministerium erst im nächsten Jahr entscheiden.

Heckler & Koch und die Bundeswehr streiten sich derzeit vor Gericht darüber, ob das G36 Mängel aufweist oder nicht. Trotz gegenseitiger Vorwürfe entschied sich das Ministerium bei der Beschaffung der neuen Waffen wieder für die Waffenschmiede aus dem baden-württembergischen Oberndorf am Neckar.

Keine anderen Gewehre auf dem Markt

Es seien keine anderen passenden Gewehre am Markt verfügbar gewesen, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Ingo Gerharzt zur Begründung. Das sei aber keine Vorentscheidung für die G36-Nachfolgelösung. „Wir sind nicht abhängig von Heckler & Koch“, betonte Gerhartz.

Die Opposition reagierte empört über das Waffengeschäft. „Die Kumpanei zwischen Verteidigungsministerium und Heckler & Koch scheint genauso weiterzugehen wie bisher“, sagte die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger. Ähnlich äußerte sich der Linke-Waffenexperte Jan van Aken: „Das Verteidigungsministerium macht den Bock zum Gärtner“, sagte er. „Die direkte Verquickung des von der Leyen-Ministeriums mit Waffenherstellern geht ungebrochen weiter.“

Probleme mit der Zielsicherheit bei Hitze

Wegen Präzisionsproblemen im erhitzten Zustand hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im April erklärt, dass das G36 in seiner jetzigen Form keine Zukunft habe. Es muss nun darüber entschieden werden, ob die Gewehre ersetzt werden müssen oder ob sie durch Nachrüstung wieder fit für den Einsatz gemacht werden können.

Das G27P wird von der Bundeswehr bereits als Präzisionsgewehr genutzt. Nach Einschätzung des Ministeriums hält es Hitze besser aus als das G36. Das MG4 ist ein Maschinengewehr, das für Dauerfeuer ausgelegt ist. Das G36 ist dagegen nicht für längeres Dauerfeuer geschaffen. In den Untersuchungen wurden Präzisionsprobleme mit heißgeschossenen Waffen festgestellt.

Erste Hinweise auf die Präzisionsprobleme gab es bereits 2010. In den folgenden Jahren wurden mehrere Untersuchungen durchgeführt, aber kaum Konsequenzen gezogen.

Drei Kommissionen des Ministeriums beschäftigen sich inzwischen mit dem Fall. Dabei geht es um die Fragen, ob durch die Präzisionsprobleme Soldaten im Einsatz gefährdet wurden, was in den Abläufen im Ministerium nicht stimmt und ob es Anhaltspunkte für Korruption gibt. Die Ergebnisse sollen Mitte Oktober vorgestellt werden.