Von Julia LutzeyerKuren hieß jahrhundertelang vor allem: trinken, trinken, trinken. Nicht

Von Julia Lutzeyer

Kuren hieß jahrhundertelang vor allem: trinken, trinken, trinken. Nicht irgendetwas, sondern Wasser aus Heilquellen. Zu Goethes Zeit lautete die Empfehlung, morgens 20 bis 30 Becher Heilwasser auf nüchternen Magen zu sich zu nehmen. Zu einer derart hohen Flüssigkeitsmenge wird nicht mehr geraten. Heute dürfen es bei einer Trinkkur ein bis zwei Liter Heilwasser pro Tag sein. "Die übliche Flüssigkeitsmenge kann dabei durch Heilwasser ersetzt werden. In der Regel braucht insgesamt also nicht mehr getrunken zu werden als normalerweise", erklärt Corinna Dürr vom Informationsbüro Heilwasser in Bonn.

Früher glaubte man, das gesundmachende Lebenselixier helfe besser, wenn man während des Trinkens spazieren geht. Die altehrwürdigen Wandelhallen in Kurbädern - etwa in Baden-Baden oder Bad Kissingen - zeugen noch immer davon. Inzwischen weiß man, dass die in Heilwässern enthaltenen Mineralstoffe und Spurenelemente auch ohne Bewegung in die Blutbahnen gelangen. Zumal die Mineralien in der Flüssigkeit bereits gelöst sind und nicht - wie etwa bei fester Nahrung - durch den Stoffwechsel herausgelöst werden müssen.

Auch wenn das wohltuende Nass seit der mittleren Bronzezeit für die Linderung kleinerer und größerer Leiden genutzt wird, erfolgte die systematische Analyse der Inhaltsstoffe erst im 19. Jahrhundert. Ein Quellwasser wird erst dann als Heilwasser anerkannt, wenn seine heilende Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen ist. Das unterscheidet Heilwässer von Mineralwässern, die ebenfalls Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten, aber nicht in einer heilenden, lindernden und krankheitsvorbeugenden Dosis. Von einem hohen Gehalt spricht man, wenn ein Liter mehr als 250 Milligramm Kalzium, 100 Milligramm Magnesium, 1300 Milligramm Hydrogencarbonat, 1200 Milligramm Sulfat, ein Milligramm Fluor und 1000 bis 2000 Milligramm Kohlensäure enthält.

Ob in Bad Überkingen, Bad Dürrheim, Bad Liebenzell, Bad Imnau, Aspach, Göppingen, Karlsruhe, Bad Peterstal oder anderswo - Baden-Württemberg ist besonders reich an Heilquellen. Und da kein Wasser dem anderen in seiner Zusammensetzung gleicht, sollte man nicht zum nächstbesten greifen. Denn die Wirkung hängt von den Inhaltsstoffen ab. Hier hilft ein Blick aufs Etikett. Dort müssen laut Heilwasserverordnung neben der Wirkweise und Dosierung auch die mögliche Gegenanzeigen und Wechselwirkungen aufgelistet sein.

"Für fastende Personen zum Beispiel sind Heilwässer sinnvoll, die reich an Hydrogencarbonat sind", sagt Corinna Dürr. "Das wirkt der Ketogenese entgegen, durch die das Blut bei ausbleibender Energiezufuhr übersäuert." Auch Mineralstoffe, die während des Fastens aus Muskeln und Knochen gezogen werden, lassen sich durch das Trinken eines mineralreichen Heilwassers weitgehend ersetzen. Für ältere Menschen, die wenig Appetit und Durst haben, und Menschen mit geringer Knochendichte sind kalziumreiche Heilwässer angeraten. Täglich getrunken, leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Osteoporose-Vorbeugung. Die Verdauung bringt ein Heilwasser mit Sulfat oder viel Kohlensäure auf Trab.

Für Gesunde muss es dagegen keine Heilquelle sein. Selbst wer viel Sport treibt, ist mit einer ausgewogenen Ernährung und Mineralwasser meist ausreichend versorgt.