Ausschnitt aus „Chocolate Darwin“ Foto: Festival

Trickfilm-Festival Stuttgart:
Wettbewerb, Oscar-Auswahl und Drehbuchpreis

Wilde Animation

Gott, weiblich, im Raum schwebende Pyramide mit Auge der Vorhersehung, vertraut ihre Schöpfungsuhr ausgerechnet Charles Darwin an. Der aber hat schwache Nerven, vernichtet die Saurier, erschafft verrückte Affen und verschläft den Übergang in eine GeisterbahnModerne, in der Gott explodiert in einem Regen von Dollarnoten.

„Chocolate Darwin“ heißt der wilde Wettbewerbsbeitrag der Ludwigsburger Animationsstudenten Patxi Aguirre und Kiana Nagshineh, der alle Stärken der Animation ausspielt: Darwin ist real, die Tiere sind Handpuppen, der gemalte, kommentierende Mond hat menschliche Augen.

Ein weiterer Wettbewerbshöhepunkt am Mittwoch: „The Bigger Picture“ von Daisy Jacobs (GB). Zwei zweidimensional gemalte Figuren bewegen sich da in einem realen 3-D-Setting. Der die Mutter versorgende, aber verachtete Sohn stellt sich vor, wie er mit dem – realen – Staubsauger Mobiliar samt Mama einfach wegsaugt.

Der Preis der Preise

Dieser Film war für den Oscar nominiert und ist also auch im Programm „Animated Oscars“ zu sehen, das Ron Diamond präsentiert. Selbst Mitglied der Academy, erklärt er am Mittwoch im Metropol-Kino das komplizierte Auswahlverfahren, garniert mit lustigen Absurditäten: Für den Oscar qualifizieren kann sich auch, wer ein Kino in Los Angeles dafür bezahlt, seinen Film über eine gewisse Zeit zu spielen – egal, ob Publikum kommt oder nicht.

Der Gewinner „Feast“ ist Disney-typische, perfekte Unterhaltung: Ein kleiner Hund heilt da mit Alltagswitz sein Herrchen vom Liebeskummer und gewinnt unverhofft selbst etwas dabei. Der Höhepunkt hier: „Symphony No. 42“ der Ungarin Réka Busci, die grandiose dadaistische Szenen aneinanderreiht, die dennoch wirken, als verwiesen sie auf Höheres.

Was verfilmt werden sollte

2014 schon hat die Schauspielerin Anna Thalbach im Weißen Saal des Neuen Schlosses mit viel Lesewitz die Nominierten des Animations-Drehbuchpreises zum Leben erweckt, diesmal moderiert sie auch – ein echter Gewinn. „Viele FilmAbsolventen gehen weg nach Berlin oder nach Hollywood – wie wollen Sie die aufhalten?“, fragt sie erfrischend direkt Finanzstaatssekretär Peter Hofelich. Die könnten ja für Stuttgart werben, antwortet dieser, so wie „Sami Khedira in Madrid“. Thalbach: „Man muss auch gönnen können.“ Welchen Stoff Hofelich gerne verfilmt sehen würde? Der Göppinger hat eine exzellente, in die Zeit passende Idee parat: Das Leben des friedliebenden, toleranten Stauferkaisers Friedrich II.

Eher konventionell sind die nominierten Drehbücher, aus denen Thalbach mit ihrer Tochter Nellie liest: der Gewinner „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“, eine zum Heldenthriller ausgebaute Adaption, eine „Mullewapp“-Fortsetzung, in der Wildschweine den Bauernhof okkupieren, eine „Münchhausen“-Adaption, erweitert um eine tapfere Mädchen-Hauptfigur.

Starke Stimmen

Die Zugabe: der Legetrickfilm „Das fliegende Opernhaus“ von Anna Matysik, in dem die Staatsoper Stuttgart als Fesselballon Sänger aufsammelt. „Unser Ensemble kommt von allen Kontinenten und sendet aus Stuttgart heraus einen Klang in die Welt“, erklärt Opern-Intendant Jossi Wieler. Dann überlässt er einer kleinen multikulturellen Auswahl die Bühne, die nur zum Flügel zwei Kostproben aus „Così fan tutte“ gibt – eine wunderbare Idee, einmal außerhalb des eigenen Kontexts zu zeigen, was für großartige Stimmen Stuttgart hat. Einen Nachschlag gibt es an diesem Samstag um 18 Uhr beim Trickfilm-Festival auf dem Schlossplatz.

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