Mit interaktiver Grafik - Die Anzeichen verdichten sich, dass die Staatstheater Stuttgart die längst überfällige Sanierung des Opernhauses mit baulichen Erweiterungen verbinden. „Wir setzen auf die große Lösung“, sagt Marc-Oliver Hendriks, Geschäftsführender Intendant des größten Dreispartenhauses der Welt.

Interaktive Grafik: Vorschläge für die Sanierung des Opernhauses und Konzentration von Nutzungen Foto: Stadtmessungsamt

Die Ausgangslage

Seit Jahren wird über die dringend notwendige Sanierung des Stuttgarter Opernhauses diskutiert. Im April 2013 hat der Verwaltungsrat der Staatstheater Stuttgart – politische Vertreter aus Stadt und Land bilden das Aufsichtsgremium – grünes Licht für eine Studie gegeben. Das Büro Kunkel Consulting in Bürstadt (bei Darmstadt), bei der Generalsanierung des Bolschoi-Theaters in Moskau ebenso beteiligt wie beim Bau des neuen Mariinsky-Theaters in St. Petersburg, wurde beauftragt, den Sanierungsbedarf zu ermitteln. Gemeinsam mit dem britischen Architekturbüro Chipperfield sollte zudem untersucht werden, welche baulichen Möglichkeiten im direkten Umfeld von Opernhaus und Schauspielhaus bestehen, um technische Nutzungen zu konzentrieren und neue Qualitäten für den Besucherservice zu entwickeln.

Die Zahlen

18 Millionen Euro hat das Land Baden-Württemberg offiziell für die Sanierung des Opernhauses bewilligt. Dies jedoch ist eine Zahl, die sich auf mehrere Jahre alte Angaben der Landesbauverwaltung stützt. In dem Gutachten heißt es kühl: „Mit dem vorgegebenen Kostenrahmen (18 Millionen Euro) ist keine umfassende Sanierung möglich. Eine solch beschränkte Summe kann lediglich dafür eingesetzt werden, eine kurz- bis mittelfristige Sicherung des Betriebs des Opernhauses wie bisher zu gewährleisten.“ Wird die Sanierung des Opernhauses Stuttgart wie vorgeschlagen zu einem Städtebauprojekt, muss mit ganz anderen Kosten gerechnet werden – aufgerufen sind zwischen 290 Millionen und 310 Millionen Euro.

Die Untersuchung

Kunkel Consulting hat in einer Bestandsanalyse diese Bereiche untersucht: 1. Baulicher Zustand des Opernhauses, 2. Bühnenmaschinerie und bühnentechnischer Stahlbau, 3. Funktionalität der Bühne, 4. Bühnenbeleuchtung und Technik der Opernbühne, 5. Haustechnische Einrichtungen, 6. Akustik, 7. Räumliche Situation der Abteilungen.

Die Mängel

Es wurden zahlreiche Mängel ermittelt. Beginnend im 4. Obergeschoss: Garderoben deutlich zu klein, Chorsaal zu klein, Orchesterprobenraum zu klein, Werkstattbereiche eingeschränkt, Ballettsaal nur eingeschränkt nutzbar. Weitere Einschränkungen durch unzureichende Zugänge.

1. bis 3. Obergeschoss: Foyergastronomie ungenügend, kaum Besucherservice, keine Möglichkeit getrennter Veranstaltungen, Kostümwerkstätten nicht konzentriert, Raumbedarf in den Arbeitsbereichen Maske, Garderoben, Einsingräume Chor.

Bühnengeschoss: Bühnentechnik muss erneuert werden, Vormontagebereich fehlt, es bestehen diverse Logistik-Engstellen, und die Hinterbühne ist nur eingeschränkt nutzbar. Untergeschoss: Kantine unzureichend, Raumbedarf für Orchester nicht gedeckt, Die Lage der Werkstätten im Untergeschoss erschwert Anlieferung, Logistik und Nutzung. Mangelnde Umkleiden und Notwendigkeit von Belüftung.

Zwischenstand

Kunkel Consulting kommt zu dem Schluss: „In den Arbeitsbereichen nahezu aller Abteilungen besteht (teilweise umfangreicher) Raumbedarf.“ Raumbedarf ergebe sich zudem aus den Bereichen Gastronomie und Service sowie aus der angestrebten Minimierung der Außenstellen. „Umfangreiche bauliche Veränderungen im Bereich der Bühne der Oper“ schließlich lassen für die Gutachter nur einen Schluss zu: „Erweiterung der Gebäude der Württembergischen Staatstheater Stuttgart notwendig.“

Die große Lösung

Das Gutachten schlägt für die „Erweiterung“ unter anderem diese Flächen vor: „Anbau vor dem Kulissengebäude an der Konrad-Adenauer-Straße“, „Parkplatz und Turnhalle Königin-Katharina-Stift“, „Bereich zwischen Württembergischen Staatstheatern Stuttgart (Opernhaus) und Landtag“. Damit würde die Sanierung des Opernhauses zum Städtebauprojekt, das an Diskussionen zur Wiedergewinnung der historischen Nord-Süd-Achse gerade an dieser Stelle anschließt. Kunkel Consulting setzt für ein mögliches Gesamtprojekt zwei Jahre Planungszeit und sieben bis acht Jahre Bauzeit an. Um die Aufführungen von Staatsoper und Stuttgarter Ballett sowie die Konzerte des Staatsorchesters zu sichern, schlägt Kunkel Consulting den Bau einer (wohl in jedem Fall notwendigen) „Interimsspielstätte im Schlosspark im Bereich des Eckensees“ vor. Ziel ist es offenbar, jeweils möglichst viele Räumlichkeiten des Staatstheaterkomplexes auch für die Interimsspielstätte nutzen zu können.