Viele der Flüchtlinge, die nach Baden-Württemberg kommen, sind traumatisiert. (Archivbild) Foto: dpa

Die steigende Zahl von traumatisierten Asylsuchenden führt um Südwesten zu einer starken Überbelastung der psychosozialen Zentren. Aufgrund personeller Probleme können Flüchtlinge nicht behandelt werden.

Ulm - Die psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer im Südwesten fordern mehr Geld für die Behandlung von traumatisierten Asylsuchenden. „Wir brauchen mehr Landes- und Bundesmittel, um den gestiegenen Bedarf zu decken“, sagte Manfred Makowitzki vom Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm (BFU) am Montag. Das BFU informierte anlässlich seines 20-jährigen Bestehens über die aktuelle Lage. Die Wartezeit für die Behandlung habe sich aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen auf zehn Monate verdoppelt. 70 Flüchtlinge warteten derzeit in Ulm auf Hilfe.

Bis zu 40 Prozent der Flüchtlinge leiden laut Bundespsychotherapeutenkammer an einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Psychologische Hilfe wird oft von Vereinen und kirchlichen Trägern organisiert. Derzeit betreuen fünf Einrichtungen im Südwesten mehrere hundert traumatisierte Flüchtlinge. Doch den Einrichtungen brechen EU-Fördermittel weg, der Zugang zum deutschen Gesundheitssystem ist schwierig, Leistungen können nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden.

„40 Prozent unserer Patienten sind Folteropfer“, berichtete Makowitzki aus Ulm. Im Schnitt seien sie 32 Jahre alt, mehrheitlich männlich, die meisten kämen aus Nigeria, dem Mittleren Osten, Tschetschenien und Afghanistan. „Wir hatten noch nie so viele auf der Warteliste“, sagte er. „Und die Welle, die jetzt kommt, spüren wir noch gar nicht.“

Auch Traumatherapeutin Susanne Schupp von Refugio Villingen-Schwenningen sprach von einem „drastischen“ Anstieg an behandlungsbedürftigen Flüchtlingen. Das Zentrum behandle rund 160 Menschen im Jahr, derzeit befänden sich rund 50 auf der Warteliste. Schupp berichtete von einer Finanzierungslücke von 60 000 Euro im Jahr. Sie forderte mehr Unterstützung aus der Politik.

„Mit dem Personal, das wir jetzt haben, schaffen wir das nicht“

„Mit dem Personal, das wir jetzt haben, schaffen wir das nicht“, sagte Dieter David, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene in Stuttgart. 500 Flüchtlinge werden dort derzeit behandelt. Die Wartezeit liegt bei sieben bis neun Monaten. „Bis vor einem halben Jahr waren es noch drei Monate“, sagte David. Für Sonderfälle wie alleinstehende Frauen gebe es Sonderplätze. Aufgrund des wachsenden Andrangs würden nun bereits Gruppen gebildet zur Beratung.

„Sie kommen hier an, fühlen sich zuerst in Sicherheit und dann beginnen die Schlägereien in den Unterkünften, dann brechen die Traumen aus“, berichtete David. „Wenn man mit diesen Menschen nicht frühzeitig arbeitet, kommt auf Baden-Württemberg mit der Einweisung in Krankenhäuser eine Welle von Kosten zu - das ist wahnsinnig teuer.“ Wie viele Flüchtlinge auf der Warteliste in Stuttgart stehen, konnte er nicht sagen: „Wir sind mehr oder minder zusammengebrochen, haben keine Zeit Statistik zu wälzen - aber es sind viele“.