Von Hoffenheim nach Liverpool: Rekordablöse für Firmino Foto: Baumann

Milliardenschwere Investoren und wahnwitzige Fernsehgelder ermöglichen Englands Clubs immer teurere Transfers. Der Reichtum der Vereine von der Insel ist eine Chance für die Bundesliga: Deren Talentförderung zahlt sich aus.

Stuttgart - Noch haben sie den dicken Batzen Geld, der da aus England anrollt, nicht auf dem Konto. Doch schon die Aussicht auf den warmen Geldregen weckt die Lebensgeister bei der TSG Hoffenheim. 41 Millionen Euro überweist der FC Liverpool demnächst für Firmino (23). Das mag TSG-Trainer Markus Gisdol betrüben, der in dem Brasilianer einen hochbegabten Mittelfeldstrategen verliert. Die um finanzielle Balance bemühte TSG aber sonnt sich nach zahlreichen kostspieligen Transfers im größten Millionen-Deal der Bundesliga-Geschichte. „Dass wir Roberto irgendwann nicht mehr halten können, war abzusehen“, sagt Manager Alexander Rosen. Dann soll sein Abgang wenigstens die clubeigene Kasse fluten.

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Das tut er, und Firmino ist kein Einzelfall. Dank milliardenschwerer Investoren und wahnwitziger Fernsehgelder stoßen Englands neureiche Clubs mit ihrer Kaufoffensive in neue Dimensionen vor. Manchester Uniteds Trainer Louis van Gaal geht mit 150 Millionen Euro und Chelsea-Kollege José Mourinho mit 100 Millionen Euro auf Einkaufstour. Manchester City bietet 114 Millionen Euro für den Franzosen Paul Pogba von Juventus Turin. Die englischen Nationalspieler Raheem Sterling (FC Liverpool) und Jack Wilshire (FC Arsenal) werden für 50 bis 70 Millionen Euro gehandelt. Wer weniger kostet, den bezahlen die Premier-League-Clubs quasi aus der Portokasse. Es sei zu befürchten, „dass sich die mit Abstand reichste Liga der Welt in der Bundesliga bedienen könnte“, hatte Geschäftsführer Christian Seifert von der Deutschen Fußball-Liga geäußert. Nun hat ihn die Realität eingeholt, nicht nur wegen Firmino. Hannover 96 hat Stürmer Joselu für acht Millionen Euro an Stoke City verkauft. Der 1. FC Köln kassierte von Tottenham Hotspur sieben Millionen Euro für Kevin Wimmer, Philipp Wollscheid wechselte für knapp vier Millionen Euro von Bayer Leverkusen nach Stoke. Auch der Mainzer Angreifer Shinji Okazaki soll in Kürze für zehn Millionen Euro auf der Insel anheuern. Innerhalb der Bundesliga hätten sie nur einen Bruchteil erlöst.

Englands neuer Fernsehvertrag (ab 2016) garantiert den 20 Premier-Clubs jährlich 3,2 Milliarden Euro. Die 36 deutschen Proficlubs planen für 2016/17 mit 835 Millionen Euro. Vergangene Saison kassierten die Queens Park Rangers als Tabellenletzter mit 86 Millionen Euro deutlich mehr als der deutsche Meister Bayern München (50,6). Für Firminos Ablöse muss der FC Liverpool nur ein Drittel seiner TV-Einnahmen (125 Millionen) aufwenden – der deutsche Vizemeister VfL Wolfsburg (35,1) hätte den Transfer auf diesem Weg nicht stemmen können. „Wenn die Engländer mitbieten, können wir das Portemonnaie zulassen“, weiß der Mainzer Manager Christian Heidel.

Das hat Nachteile – aber nicht nur. Englands Clubs blockieren durch die Zukäufe eigene Talente auf deren Weg nach oben, was den Nationalmannschaften nachweislich schadet: Deutschland ist Weltmeister, England war Gruppenletzter; Deutschland steht im Halbfinale der U-21-EM, England ist ausgeschieden. Dank der langjährigen und nachhaltigen Talentförderung hat die Bundesliga einen großen Fundus an gut vermittelbaren Fußballern. Und sie produziert immer weitere Talente. Strategen deutscher Clubs tun gut daran, weiter in die Nachwuchsarbeit zu investieren. Vereine wie der VfB Stuttgart und die TSG Hoffenheim sind davon in hohem Maße abhängig, auch dem FC Augsburg hilft es bei der Finanzierung des Profikaders. Da trifft es sich prima, dass der FC Chelsea Interesse an FCA-Verteidiger Baba zeigt. Angeblich bieten die Briten die Fabelsumme von 28 Millionen Euro.