Dreh- und Angelpunkt beim FC Bayern: Ex-VfB-Talent Joshua Kimmich Foto: Bm

20 Jahre und schon Chef beim FC Bayern - wenn er zum Einsatz kommt: Der verlorene VfB-Sohn Joshua Kimmich zeigt seinem Ex-Club mit einem Gala-Auftritt eine lange Nase.

München - Wenn der VfB auf den FC Bayern trifft, gibt es viele Werte, die den Betrachter staunen lassen. Einer ragte in der Statistik, die nach dem Schlusspfiff unter den Journalisten verteilt wird, heraus wie der Mount Everest unter den höchsten Bergen der Welt. Er betraf die Zahl der Ballkontakte.

Daniel Didavi 54 – das ist eher unterdurchschnittlich. Und dann kam es: Joshua Kimmich 128! Das ist rekordverdächtig, und zwar ligaweit. Und das Beste: Kimmich macht richtig was aus seiner Dominanz am Ball. Er spielt Pässe nach vorn, er geht in der gegnerischen Hälfte drauf, immer maßvoll und überlegt: 110 seiner 128 Pässe kamen bei einem Mitspieler an.

Kurz: Kimmich ist 20 Jahre jung und doch schon der Chef in der Münchner Weltauswahl – wenn er denn spielen darf. Für den Geschmack von Pep Guardiola darf er das viel zu selten: „Ich bin sehr unfair zu ihm“, sagte der Trainer selbstkritisch.

Gegen den VfB saß geballte Weltklasse auf der Bayern-Bank, die gilt es bei Laune zu halten. Weil er sie nicht alle einsetzen kann, empfiehlt Guardiola ihnen Joshua Kimmich („Er ist fast mein Sohn“) als Vorbild, der bei seinem elften Saisoneinsatz erst zum dritten Mal durchspielte.

„Vielleicht sind die Spieler mal sauer“, sagte er über den Konkurrenzkampf in seinem Luxuskader, „aber dann müssen sie denken wie Joshua. Er verdient mehr Minuten Einsatzzeit, aber es gibt bei ihm kein Beklagen. Er ist in jedem Training Wahnsinn, er war gegen Zagreb Wahnsinn, er war heute Wahnsinn.“

Trockene Antwort von VfB-Trainer Alexander Zorniger: „Schick ihn zu uns. Wir könnten Kimmich die Einsatzzeit geben.“

2013 vergraulte der VfB Kimmich – heute bereut er es

Wobei, das hätte der VfB haben können. Ohne diesen fatalen Fehler im Sommer 2013.

Damals trug Kimmich noch das Trikot mit dem Brustring. Als es darum ging, in die zweite Mannschaft aufzurücken, war dort aus Sicht des damaligen Sportvorstands Fredi Bobic kein Platz für ihn: Das Angebot an Sechsern sei zu groß. Ein weiteres Jahr in der U 19 wollte sich Kimmich nicht antun.

Da kam das Angebot von RB Leipzig gerade recht, wo der damalige Trainer Zorniger ihn schätzen lernte. Die Transferrechte blieben beim VfB, eine Rückkehr kam für Kimmich aber nicht infrage. Im Sommer 2015 wechselte er für 8,5 Millionen Euro nach München – und tat Zorniger jetzt richtig weh.

Guardiola sieht in Kimmich einen kommenden Nationalspieler, Zorniger hingegen würde „diejenigen, die Kimmich damals ziehen ließen“, am liebsten körperlich züchtigen, wie er durchblicken ließ. Lohnt nicht mehr: Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen. Man könnte auch sagen: Typisch VfB.