Renate und Karl-Heinz Frahm lassen bei der fünfwöchigen Tour die Landschaft auf sich wirken: Foto: Jens Noll

Auf einem Traktor fahren Renate und Karl-Heinz Frahm von Bernhausen an die Ostsee – und wieder zurück. Dabei entdeckt das Ehepaar den Reiz der Langsamkeit.

Bernhausen - Am nächsten Donnerstag wird Karl-Heinz Frahm um 9 Uhr seinen Strohhut aufsetzen, den Motor seines Traktors starten und lostuckern. Das Ziel ist nicht das nächste Feld, sondern 1020 Kilometer entfernt: Zingst an der Ostsee. Seine Frau Renate wird den 74-Jährigen begleiten. Sie wird auf dem zweiten Sitz Platz nehmen, den Frahm an dem fast sechzig Jahre alten Traktor angebracht hat.

Maximal 22 Kilometer pro Stunde schnell fährt der Kramer KL 11, Baujahr 1955. Frahm hat die Route quer durch die Republik in 13 Etappen eingeteilt. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18 Kilometer pro Stunde beträgt die Tagesleistung 70 bis 90 Kilometer. „Das Schöne an der Tour ist, dass man sich an die Langsamkeit gewöhnt“, sagt Frahm. „Da sieht man erst, wie schön Deutschland ist“, ergänzt seine Frau.

Mit der Deutschland-Tour geht für das Ehepaar ein Traum in Erfüllung. Für sie fängt der Urlaub schon unterwegs an. Sie freuen sich auf blauen Himmel, reifendes Korn und den Duft frisch gemähter Wiesen. Wetterfest müssen sie allerdings sein – der Traktor hat kein Dach. Bekleidung für alle Wetter und Proviant sind in Taschen am Traktor und in einem Anhänger untergebracht. Übernachtungsmöglichkeiten wählt das Paar unterwegs spontan aus.

2008 fuhr das Ehepaar mit dem Traktor nach Hamburg

Zumeist Land- und Nebenstraßen hat Karl-Heinz Frahm für seine Route vorbei an Aalen, Nürnberg und Chemnitz ausgesucht. Ein Zwischenstopp in Oschatz, der Partnerstadt von Filderstadt, ist bereits angemeldet. Weiter geht es durch den Spreewald bis an die Ostsee. Die eine Woche Aufenthalt in Zingst bezeichnet Frahm als „Verschnaufpause“. Dort bewohnt er mit seiner Frau ein reetgedeckten Haus, in dem einst seine Schwiegermutter lebte. Auf einer anderen Route fahren sie anschließend nach Bernhausen zurück. Insgesamt fünf Wochen werden sie unterwegs sein.

Seit 1970 lebt das Ehepaar, das aus Hamburg stammt, auf den Fildern. 2008 fuhren die Frahms mit dem grünen Traktor, den der pensionierte Ingenieur als ausrangiertes und verrostetes Gefährt im Schwarzwald entdeckt und eigenhändig restauriert hatte, in die Hansestadt. Ohne Panne hatten sie die Strecke bewältigt, für die Rückfahrt allerdings den schnelleren Weg per Auto gewählt. Von der Reise gibt es einige Anekdoten, zum Beispiel vom hessischen Gastwirt, der sich freute, dass einmal etwas in seinem 300-Seelen-Dorf los sei und von einem Fährmann an der Elbe, der sich über die weite Reise des Traktors wunderte.

Auf dem Land wird das Paar mit dem tuckernden Trecker bei der aktuellen Tour wieder für Aufsehen sorgen. „Die Männer hören den Motor und kommen vorbei“, berichtet Renate Frahm aus Erfahrung. „Die Leute gucken, lachen und fragen.“ Wohl wissend, dass es noch mutigere Personen gibt, die zu noch ausgefalleneren Trips aufbrechen, sagt die 69-Jährige: „Wir bleiben in Deutschland.“ Damit deutet sie schon in die Zukunft. „Das ist nicht unsere letzte Tour“, sagt ihr Mann. „Darüber bin ich mir schon im Klaren.“