Wer ist schuld am Tod eines Neugeborenen? Das Amtsgericht muss entscheiden Foto: dpa

Sechs Monate Gefängnis auf Bewährung – so lautet der Strafantrag des Staatsanwalts gegen einen Arzt, dem die fahrlässige Tötung eines Neugeborenen vorgeworfen wird.

Stuttgart - Sechs Monate Gefängnis auf Bewährung – so lautet der Strafantrag des Staatsanwalts gegen einen Arzt, dem die fahrlässige Tötung eines Neugeborenen vorgeworfen wird. Gegen die Hebamme forderte der Ankläger vor dem Amtsgericht Stuttgart eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 Euro. Der Verteidiger des Arztes plädierte dagegen auf Freispruch, die Anwältin der Geburtshelferin sagte, eine Verwarnung mit Strafvorbehalt sei für ihre Mandantin angemessen.

Wer hat Schuld an dem Tod des Jungen, der am 12. April 2010 in einer Stuttgarter Geburtsklinik mit einer Saugglocke auf die Welt gebracht worden war und der drei Tage später im Olgahospital infolge eines Hirnschadens, verursacht durch Sauerstoffmangel, starb? Das errechnete Geburtsdatum war bereits eine Woche überschritten, als der Arzt mit der schwangeren Frau übereinkam, die Niederkunft mit einem Wehenmittel einzuleiten. Bis dahin war die Schwangerschaft der Frau problemlos verlaufen. Am Vormittag des 12. April zeigten sich jedoch Auffälligkeiten bei den Herztönen des Ungeborenen, was sich im Laufe des Tages wiederholte. Die erfahrene Hebamme hatte den Gynäkologen, der als Belegarzt in der Klinik entbindet, nicht darüber informiert.

Ein medizinischer Gutachter sagte aus, der Junge wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesund auf die Welt gekommen, hätte der Arzt ihn früher als geschehen per Kaiserschnitt geholt. So jedoch seien viele Stunden bis zur Niederkunft am späten Abend vergangen – nicht zuletzt deshalb, weil die Hebamme den Arzt nicht rechtzeitig informiert hatte. Die Geburtshelferin hatte dies auch eingeräumt. Sie sei überfordert gewesen, so die 39-Jährige, die laut eigener Aussage bereits mehr als 1200 Kinder auf die Welt gebracht hat. Inzwischen arbeitet sie nur noch sporadisch als Geburtshelferin, da sie der Tod des Babys psychisch zu sehr mitgenommen habe. Die Frau, die das Kind verloren hat, ist inzwischen stolze Mutter zweier Kinder. Das Urteil soll am 24. Oktober verkündet werden.