Fabian Cancellara musste nach dem Massensturz aus dem Auto heraus behandelt werden. Foto: dpa

Das gab es in über hundert Jahren Tour de France nur wenige Male: Die dritte Etappe musste für gut zehn Minuten neutralisiert werden, weil ein schwerer Massensturz über 20 Fahrer ausbremste. Das Gelbe Trikot übernahm der Brite Chris Froome.

Huy - Tony Martin hat das Gelbe Trikot auch auf der dritten Etappe der Tour de France nur denkbar knapp verpasst. Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister kam am Montag im belgischen Huy mit rund 40 Sekunden Rückstand hinter Etappensieger Joaquin Rodriguez aus Spanien ins Ziel. Als Zweiter auf dem 159,5 Kilometer langen Tagesabschnitt von Antwerpen nach Huy übernahm der Brite Chris Froome das Gelbe Trikot - mit einer Sekunde Vorsprung vor Martin.

In einen schweren Massensturz mit mehr als 20 Fahrern war auch der Schweizer Fabian Cancellara, nach der 2. Etappe Träger des Gelben Trikots, verwickelt. Der viermalige Zeitfahr-Weltmeister überschlug sich, rappelte sich aber wieder auf und fuhr weiter. Der Niederländer Tom Dumoulin vom deutschen Giant-Alpecin-Team kam ebenfalls zu Fall und musste das Rennen aufgeben.

Die Tour-Organisation musste die Etappe am Montag sogar für gut zehn Minuten neutralisieren, was es zuvor in 112 Jahren Frankreich-Rundfahrt nur fünfmal gegeben hatte.

Zahlreiche Fahrer verletzt

Die Neutralisation war aber durchaus berechtigt. Zahlreiche Fahrer verletzten sich bei dem Crash, der sich bei einer Geschwindigkeit von 42 km/h ereignete. Unter anderen mussten der bisherige Dritte Tom Dumoulin (Niederlande) vom deutschen Giant-Alpecin-Team mit einer ausgekugelten Schulter und der frühere Mailand-San-Remo-Sieger Simon Gerrans (Australien) mit einem Handgelenkbruch aufgeben. Beide wurden ins Krankenhaus gebracht. Andere Fahrer wie der Australier Michael Matthews setzten mit zerfetzten Trikots und schlimmen Schürfwunden die Reise fort.

Die Tour-Organisation begründete die Neutralisation damit, dass alle medizinischen Fahrzeuge beim Sturz halten mussten und nicht mehr dem Feld folgen konnten. "So etwas habe ich noch nie gesehen - viel Blut und Schmerzen hier. Das ist der schlimme Teil von unserem Sport", twitterte Oleg Tinkow, der Teambesitzer von Saxo-Tinkoff.

Bonnet muss aufgeben

Der Sturz wurde ausgelöst vom Franzosen William Bonnet, für den es ebenfalls nicht weiterging. Auch der Russe Dimitri Kosontschuk von Katusha musste aufgeben. Der Niederländer Laurens ten Dam kugelte sich ebenfalls die Schulter aus, setzte aber seine Fahrt fort.

Cancellara hatte sich seinen 29. Tag im Gelben Trikot anders vorgestellt. Der Schweizer fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Schulter und den Rücken, fuhr aber weiter. Im Vollbesitz seiner Kräfte war er nicht mehr. Beim ersten Angriff im Feld musste Cancellara abreißen lassen.

Dabei wollte der 34-Jährige seine letzte Tour eigentlich genießen. Noch vor der Etappe hatte Cancellara seinen Abschied angekündigt. "Es ist noch nicht offiziell, aber ja: Das ist meine letzte Tour de France. Im nächsten Jahr beginnt die Tour in Mont-Saint-Michel nicht mit einem Zeitfahren. Ich will mit guten Erinnerungen aufhören", sagte der Schweizer, der am Sonntag Tony Martin das Gelbe Trikot weggeschnappt hatte.

Cancellara trug am Montag zum 29. Mal in seiner Karriere das begehrte "Maillot Jaune" auf seinen Schultern - so oft, wie kein anderer aktiver Fahrer. Damit führte er bei sechs seiner insgesamt zehn Teilnahmen die Gesamtwertung der Tour an, womit er mit Eddy Merckx gleichzog. Nur Bernard Hinault war besser: Der Franzose holte in acht verschiedenen Auflagen jeweils das Gelbe Trikot.