Immer öfter passieren auch auf eigentlich harmlosen Wanderwegen tragischen Unglücke Foto: dpa

Tödlicher Absturz in den Alpen: Ein 36-jähriger Mann und sein dreijähriger Sohn, den er in einer Trage auf dem Rücken hatte, stürzten in den Tod, als der Vater seinen fünfjährigen Sohn vor dem Abgrund retten wollte.

Höflein an der Hohen Wand - Der Springlessteig – eine Autostunde von Wien entfernt – gilt als beliebtes Ausflugsziel in Österreich. In Ratgebern für Kletterführer wird er als leichter Klettersteig mit dem Schwierigkeitsgrad „A leicht“ eingestuft. Für Jugendliche und Anfänger sei der Springlessteig „sehr gut geeignet“, selbst Kinder könnten den Weg begehen.

Für eine Familie aus Wien wurde der Ausflug zum Springlessteig nun zum tödlichen Albtraum: Ein 36-jähriger Mann und sein dreijähriger Sohn, den er in einer Trage auf dem Rücken hatte, stürzten in den Tod, als der Vater seinen fünfjährigen Sohn vor dem Abgrund retten wollte. Polizeiangaben zufolge soll der Fünfjährige unter einem Seilgeländer durchgeschlüpft und dann über einen steilen Felsabbruch abgestürzt sein.

Der Mann habe bei dem Versuch, seinen Sohn festzuhalten, vermutlich das Gleichgewicht verloren, sagte der Sprecher der Bergrettung Niederösterreich, Helmut Frießenbichler, am Montag. Alle drei stürzten rund 100 Höhenmeter über felsiges Gelände in die Tiefe. Der Fünfjährige war – vor seinem Vater gehend – auf dem schmalen Pfad ausgerutscht. Er schwebte am Montag noch in Lebensgefahr, sein Zustand wurde von einem Krankenhaussprecher als „kritisch, aber stabil“ bezeichnet. Die 36-jährige Mutter, die das Drama mit ansah, erlitt einen Schock.

Die Familie wollte bei bestem Bergwetter am Sonntag vom Gipfelplateau über den Klettersteig wieder zurück. Dabei muss auch eine mit Drahtseil gesicherte Felswand gequert werden. Helme oder eine Seilsicherung gelten hier aber selbst für Ungeübte als nicht nötig.

Ebenfalls tödlich endete für einen 61-jährigen Bergwanderer aus Ottobrunn bei München der Sonntagsausflug. Der Mann hatte beim Abstieg vom 2700 Meter hohen Dristner in den Zillertaler Alpen die Balance verloren und war 300 Meter einen steilen Hang hinuntergestürzt, wie die Polizei am Montag mitteilte.

Trotz der Tragödie an der Hohen Wand hält der Deutsche Alpenverein nichts von strengeren Regeln am Berg wie etwa einer Altersbeschränkung. „Das wäre zu einfach“, sagte Pressesprecher Thomas Bucher am Montag auf Anfrage: Es gebe Kinder, die bereits mit fünf Jahren topfit seien und eine solche Tour bewältigen könnten – „andere sind selbst mit 15 Jahren noch nicht dazu in der Lage“. Eine Altersbeschränkung sei lediglich Aktionismus; statt neue Regeln aufzustellen, müssten Menschen zu mehr Selbstverantwortung erzogen werden. „Zudem würde eine derartige Regel zu Sorglosigkeit verführen, getreu dem Motto: Jetzt hat das Kind die Altersgrenze erreicht, jetzt ist der Berg überhaupt kein Problem mehr.

„Berge sind für Kinder geeignet“, betonte Bucher und verwies auf die sinkende Zahl tödlicher Unfälle: „Obwohl immer mehr Menschen auf den Berg gehen, passiert immer weniger. Die Leute sind heutzutage vernünftiger und vor allem auch deutlich besser ausgerüstet als früher.“ Gleichwohl gebe es im Gebirge nie völlige Sicherheit, ein gewisses Risiko bestehe immer, und das müsse einem auch bewusst sein.

Eltern rät Bucher: „Wenn man mit Kindern auf Berge steigt, ist es wichtig, dass die Eltern in Sachen Erfahrung und Leistungsfähigkeit nicht an ihre Grenzen gehen, sonst können sie ihre Kinder nicht mehr schützen.“ Wichtig seien auch ein Helm und die richtige Sicherung – alles Dinge, die am Springlessteig nicht vorgeschrieben waren.