Während eines Polizeieinsatzes in Winnenden hat es einen Toten gegeben (Symbolbild). Foto: Archiv StZ

Polizisten sollen im Rems-Murr-Kreis einen 20-Jährigen verhaften. Als sie seine Wohnung im siebten Stock betreten, flieht er auf den Balkon – und stürzt in die Tiefe. Nun ermittelt die Kripo, wie es zu dem Unfall kommen konnte.

Winnenden - Während eines Polizeieinsatzes in dem Winnender Stadtteil Schelmenholz hat sich am Montag ein tödlicher Unfall ereignet. Wie die Polizei mitteilte, waren Beamte gegen sechs Uhr zu einem Mehrfamilienhaus in der Forststraße ausgerückt. Dort sollten sie einen 20-Jährigen festnehmen, gegen den ein Vollstreckungshaftbefehl vorlag. „Er war wegen Raubes zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Haftstrafe hatte er nicht angetreten“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart auf Nachfrage. Familienangehörige des Mannes öffneten den Polizisten die Tür zu der Wohnung im siebten Stock. Währenddessen rannte der 20-Jährige auf den Balkon und versuchte laut Angaben der Polizei, auf den Nachbarbalkon zu fliehen.

Der Notarzt kann dem 20-Jährigen nicht mehr helfen

Dabei verlor der Mann nach dem bisherigen Ermittlungsstand den Halt und stürzte in die Tiefe. Er zog sich schwerste Verletzungen zu. Obwohl der Rettungsdienst rasch vor Ort war, kam für den Mann jede Hilfe zu spät.

Die Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Reutlingen hat die nun die Ermittlungen übernommen und soll als neutrale Instanz herausfinden, wie genau es zu dem Unfall kommen konnte.

Laut dem Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gibt es bislang keine Hinweise auf ein Fehlverhalten der Polizisten. „Nach bisherigem Kenntnisstand hat es sich auch nicht um einen Suizid gehandelt, sondern um einen Unfall“, betont er.

Polizeisprecher: „Unfall war nicht zu verhindern“

Laut einem Polizeisprecher waren an dem Einsatz mehrere Streifenwagen, Schutz- und Kriminalpolizisten beteiligt. „Mit so einer Reaktion haben die Kollegen nicht rechnen können“, sagt er. „Im siebten Stock ist es von außen kaum zu erkennen und auch nicht abzusichern, wenn jemand aus dem Fenster klettert oder vom Balkon springt.“ Er gehe von einer fatalen Panikreaktion des jungen Mannes aus – und davon, dass der Unfall nicht hätte verhindert werden können. Die eingesetzten Polizisten, so der Sprecher, hätten lediglich an der Türe geklingelt und ihnen sei geöffnet worden.

Fluchtversuche gebe es bei Festnahmen zwar häufiger. Auch Verfolgungsjagden, bei denen Straftäter sich selbst und andere gefährdeten, hätten sich schon hin und wieder ereignet. „Dieser Fall ist schon sehr dramatisch“, so der Sprecher.

Unfall bei Polizeieinsatz und Flucht aufs Dach

Im Februar 2016 hatte es in Waiblingen-Hegnach einen Unfall während einer Verfolgungsjagd gegeben: Ein Fahrer einer Zivilstreife, der sich an der Verfolgung eines verdächtigen Rollerfahrers beteiligen wollte, erfasste auf einem Feldweg eine 78 Jahre alte Fußgängerin und verletzte sie schwer.

Der Winnender Fall weckt auch Erinnerungen an eine Beziehungstat in Aspach: Ende April dieses Jahres hatte ein 35-Jähriger seine Exfreundin mit Molotowcocktails bedroht und versucht, Feuer zu legen. Beim Eintreffen der Polizei flüchtete er sich über den Balkon auf das Dach des Gebäudes und versuchte dort, seine Brandsätze zu verstecken. Er kehrte freiwillig wieder zurück und wurde Mitte Oktober verurteilt.