Beim Schreiben von Bewerbungen muss man auf einiges achten Foto: dpa-tmn

Bewerbungen stehen für viele Menschen immer wieder an. Und die Frage ist immer die gleiche: Wie bewerbe ich mich richtig? Der Bewerbungsexperte Martin Emrich gibt Tipps.

Bevor man überhaupt an das Bewerbungsschreiben denkt, sollte man sich selbst überprüfen und sich überlegen: Wofür brenne ich eigentlich? Welchen Job würde ich auch ohne Gegenleistung ausüben? Und: Welche Arbeitgeber, welche Marken gefallen mir in meiner Berufsbranche am besten? Warum bewerbe ich mich genau bei diesem Unternehmen?

„Diese Selbstprüfung ist der erste Schritt“, sagt Bewerbungsexperte Martin Emrich. Und sie kann eine wichtige Hilfe sein. Denn diese Fragen kommen während des Bewerbungsprozesses womöglich mehrmals auf einen Kandidaten zu. „Schon im Anschreiben sollte der Bewerber die Antworten auf die Fragen liefern“, sagt Emrich, „auch wenn man später im Vorstellungsgespräch danach gefragt wird, hilft es, wenn man sich schon mal Gedanken darüber gemacht hat.“

Zudem sollte man sich vergewissern, an wen man seine Bewerbung richten muss. Ist es der Chef oder der Personalreferent? In Stellenausschreibungen steht in der Regel, wer der Adressat ist. „Im Zweifel empfiehlt es sich aber, beim Unternehmen anzurufen und nachzufragen, an wen man die Bewerbung richten darf“, sagt Emrich.

Bewerbungsschreiben

Mit dem Bewerbungsfoto und dem Anschreiben vermittelt man einen ersten Eindruck von sich beim Personalverantwortlichen – und der entscheidet, ob man zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird oder nicht. „Das Foto ist enorm wichtig, attraktive Menschen werden eher eingeladen“, sagt Martin Emrich. Deshalb lohne es sich, Geld in hochwertige Bewerbungsbilder zu investieren, rät der Experte: „Ein guter Fotograf arbeitet auch die Persönlichkeit des Bewerbers heraus.“

Ein ebenso wichtiger Faktor sei das Anschreiben, sagt Emrich: „Das Anschreiben wird im Gegensatz zu Lebenslauf und Zeugnissen immer gelesen. Es ist der Türöffner.“ Deshalb sollte man jedes Bewerbungsschreiben neu verfassen und mehrmals auf Rechtschreib- und Grammatikfehler kontrollieren – auch wenn es Zeit kostet. Standardformulierungen langweilen.

Ein kreativer Einstieg weckt dagegen Interesse beim Leser. Allerdings sollte man nicht zu sehr ausschweifen. „Das Anschreiben sollte unbedingt kurz sein“, erklärt Emrich, „auf einer halben bis dreiviertel Seite ist das Wichtigste gesagt.“

Das Wichtigste – das sind Grund und Motivation, warum man sich gerade auf den Job bei genau diesem Arbeitgeber bewirbt. Unerlässlich ist, die in der Stellenausschreibung geforderten Unterlagen vollständig einzureichen. Beim Aufbau des Lebenslaufs gilt: die aktuellsten Dinge müssen oben stehen – also den letzten Arbeitgeber vor dem ersten und den akademischen Abschluss vor dem Gymnasium und vor der Grundschule.

Kleidung

Kleider machen Leute. Das gilt auch im Vorstellungsgespräch. Für Männer, die sich auf Führungspositionen oder Stellen mit Kundenkontakt bewerben, gibt es nur eine Option: dunkler Anzug mit Hemd und Krawatte. Sonst empfiehlt Bewerbungsexperte Emrich als Faustregel: „Etwas besser kleiden, als man es später dann auch im Job tun würde.“

Aber auf keinen Fall übertreiben! Wer sich als Handwerker bewirbt, sollte nicht im schnieken Anzug auftauchen. Elegantere Alltagskleidung reicht. Beim Schuhwerk hilft der Klassiker: „Mit schwarzen Lederschuhen macht man nichts falsch“, sagt Emrich.

Anders ist das beim Thema Schmuck: nur der Ehering – sofern überhaupt vorhanden – und eine schlichte Uhr seien für Männer in Ordnung, sagt der Psychologe: „Frauen haben da mehr Möglichkeiten. Allerdings sollten sie bei Schmuck und Dekolleté ebenfalls darauf achten, dass es nicht zu viel ist. Das kann negativ ausgelegt werden.“

Generell gilt für beide Geschlechter: Das Erscheinungsbild sollte gepflegt, der Duft des Parfums oder Rasierwassers dezent und lieber frisch als schwer-holzig sein.

Anreise

Bei Vorstellungsgesprächen, die über 200 Kilometer entfernt vom Wohnort stattfinden, ist es ratsam, bereits einen Tag vorher anzureisen. „Die Tagesform ist meistens ausschlaggebend. Man sollte daher entspannt ankommen “, sagt Bewerbungstrainer Martin Emrich.

Sein Tipp: lieber mit der Bahn als mit dem Auto anreisen – und immer einen Zeitpuffer einplanen. Es ist sicher kein Fehler, schon eine halbe Stunde vorher am Ort des Geschehens zu sein. Am Empfang könne man E-Mails checken, Zeitung lesen oder einfach nur warten, sagt Emrich: „Hauptsache, man kommt nicht zu spät.“

Viele große Unternehmen erstatten inzwischen übrigens die Kosten für die Anreise mit der Bahn oder dem Auto, manchmal sogar für einen Flug. „Das kann man höflich abklären, sobald man eine Einladung bekommen hat“, sagt Emrich.

Small-Talk

Der Small Talk – die kleine Unterhaltung – wird gerne unterschätzt. Gerade von Bewerbern. Dabei kann ein lockeres Gespräch mit einem unverfänglichen Thema den Beteiligten ein positives Gefühl verschaffen – und das Eis für die weitere Kommunikation brechen. Zum Beispiel auf dem Weg vom Empfang eines Unternehmens zum Raum, in dem das Vorstellungsgespräch stattfindet. „Man muss da nicht auf das Gegenüber warten. Ein Bewerber kann auch selbst die Chance ergreifen, Small Talk zu machen und etwas von sich persönlich zu erzählen“, sagt Bewerbungsexperte Martin Emrich.

Gute Themen sind Essen, Sport, Musik, Kultur und Urlaub. „Im Prinzip alles, was auf einen gebildeten Menschen schließen lässt“, sagt Emrich. Enorm wichtig ist, dass der Inhalt des Gesprächs positiv ist. Spielt die Fußball-Nationalmannschaft schlecht, macht es nicht den besten Eindruck, über Bundestrainer Joachim Löw herzuziehen.

Und aufgepasst! Es gibt noch weitere Fettnäpfchen, in die man vor oder nach einem Auswahlgespräch besser nicht treten sollte. Es gibt fünf Tabuthemen, die beim Small Talk auf gar keinen Fall angesprochen werden sollten. Das sind Sex, Religion, Politik, Geld und Krankheit. „Selbst wenn man sich nicht gut fühlt und sich womöglich am Vormittag schon übergeben hat, sollte man es nachmittags beim Small Talk nicht erwähnen“, sagt Emrich.

Vorstellungsgespräch

Was ist am wichtigsten während des Vorstellungsgesprächs? „Zuhören!“, sagt Martin Emrich. Das bedeutet insbesondere: Man sollte lieber zweimal nachfragen, wenn man eine Frage des Personalers nicht verstanden hat, anstatt einfach auf Verdacht drauflos zu plappern.

„Nachfragen in diesen Fällen wird einem Bewerber nicht negativ ausgelegt, sondern als Indiz für Sozialkompetenz und Teamfähigkeit verbucht“, erklärt Emrich. Sein Tipp fürs Gespräch: selbstbewusste, kurze Antworten. „Man muss auch später im Job auf den Punkt kommen“, sagt Emrich. Außerdem komme so eher ein Dialog zustande: „Und ein Dialog ist für alle Gesprächsteilnehmer viel angenehmer als ein Monolog.“

Es ist nicht selten, dass der Personaler den Bewerber nach seinen Stärken und Schwächen fragt. Auf die Stärken kann man sich vorbereiten, indem man sich überlegt: Was zeichnet mich aus? Wie hebe ich mich von anderen Bewerbern ab? Harte Fakten wie etwa Sprachkenntnisse, die nachprüfbar sind, überzeugen die Entscheider eher als die sogenannten Soft Skills, die in allen Ratgebern zu finden sind.

„Ich spreche fünf Sprachen“ komme besser als „Ich bin offen und teamfähig“, sagt Emrich. Die Antwort auf die Schwächen sei hingegen eine echte Gratwanderung. Sie sollte wahr und authentisch sein – aber nicht zu negativ. Genau deshalb ist es wichtig, dass man sich darüber schon im Vorfeld Gedanken macht. Den Schwächen-Klassiker Ungeduld sollte man nur bemühen, wenn es auch wirklich so ist.

Gesprächsende

Keine falsche Scheu. Wenn sich das Gespräch dem Ende entgegen neigt und es noch nicht thematisiert wurde, kann man den Personalverantwortlichen fragen, bis wann man eine Entscheidung erhält. Wie schon bei der Begrüßung sollte man auch bei der Verabschiedung wieder allen Gesprächsteilnehmern kurz und fest die Hand geben. Dabei gilt: Macht vor Geschlecht vor Alter.

„Das Händeschütteln ist super, das gehört sich einfach und löst in den allermeisten Fällen auch etwas Positives beim Gegenüber aus“, sagt Martin Emrich, „und da eine Personalentscheidung letztlich auch immer eine Bauchentscheidung ist, ist dieses positive Gefühl durch den Händedruck nicht ganz unwichtig.“ Als letzten Satz empfiehlt der Bewerbungscoach Formulierungen wie „Es wäre schön, wenn es klappt“ oder „Ich würde mich freuen, wenn wir uns bald wiedersehen“.