Nicht jedermanns Geschmack: Scharenweise Krähen in Hausgärten und Wohngebieten Foto: dpa

Krähen krächzen in zig deutschen Städten und Gemeinden. Was Naturschützer freut, führt auch zu Konflikten. Diese zu lösen, gestaltet sich schwierig, wie Laupheim zeigt.

Laupheim - Wenn ihm das Gekrächze zu laut wird, greift Friedrich Rentschler schon mal zur Waffe. „Keine Angst, das ist nur eine Schreckschusswaffe“, sagt der Unternehmer und Kunstsammler. Dann lädt er seine Pistole und drückt ab. Mit dem ohrenbetäubenden Knall der Platzpatrone will Rentschler Krähen vom Gelände seiner Villa verscheuchen. Ähnlich geht es vielen Menschen im schwäbischen Laupheim (Kreis Biberach) sowie in zahlreichen anderen Städten. Sie wollen den Krähen in bewohnten Gebieten Einhalt gebieten. Einige fordern sogar den Abschuss der Tiere.

Wenn die schwarzen Vögel im Schlosspark ihre Nester bauen, gehe es besonders laut zu, klagt Rentschlers Nachbarin Ruth Sobotzik: „In der Nähe der Bäume kann man sich nicht mehr unterhalten.“ Das Gekrächze sei unerträglich. „Nicht einmal Wäsche kann man raushängen, ohne das die vollgekotet wird“, sagt Sabine Kölle, die ebenfalls in der Nähe wohnt. Der Himmel färbe sich an manchen Tagen schwarz, wenn die Vögel aufgescheucht werden. Das erinnert an Alfred Hitchcocks Film „Die Vögel“, sind sich die Krähen geplagten Bewohner einig. „Einfach nur gruselig“, sagt Kölle.

Viele Laupheimer treibt besonders die Saatkrähe zur Weißglut. Im vergangenen Jahr zählten Experten 610 Brutpaare in der 20 000-Einwohner-Stadt. Zehn Jahre zuvor waren es lediglich 256. Landesweit, so schätzt das Ministerium für Ländlichen Raum, lebten zwischen 2005 und 2011 bis zu 8500 Brutpaare. Bundesweit brüten nach Angaben des Naturschutzbunds Nabu 54 000 bis 64 000 Paare. Dabei stellen die Fachleute fest, dass die Bestände in ländlichen Regionen eher zurückgehen und in der Nähe von besiedeltem Gebiet zunehmen.

„In den 50er- und 60er-Jahren hat man auf dem Land die Vögel geschossen und versucht auszurotten“, erklärt der Vogelexperte und Biologe Carsten Brinckmeier vom Bund Baden-Württemberg. Saatkrähen galten als Teufelsvögel und Unglücksbringer. Weil zur Nahrung der Vögel auch Saatgut gehört, können sich viele Bauern bis heute nicht mit ihnen anfreunden. Aber auch der Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft und das Fällen typischer Brutbäume machen den Tieren das Leben schwer – sie flüchten in besiedeltes Gebiet.

Friedrich Rentschler würde nach den Laupheimer Krähen am liebsten scharf schießen. „Man sollte 10 bis 15 Stück mit Schrot abschießen. Dann lernen sie, dass sie hier unerwünscht sind. Das sind schlaue Vögel“, meint er. Doch Krähen sind hierzulande streng geschützt und stehen auf der Roten Liste für gefährdete Tierarten. Einen Abschuss verbietet das Bundesnaturschutzgesetz – auch wegen der starken Verfolgung in der Vergangenheit.

Dabei haben die Städte und Gemeinden schon Instrumente, die Krähen zu vertreiben. Das Ministerium verweist auf den Einsatz von Laserstrahlen, Flatterbändern, Scheinwerfern sowie Greifvogel- und Uhuattrappen, bei letzteren sei die Wirkung begrenzt. Erfolgreicher wirken Lärmmaschinen, Tonbänder mit Angstschreien, Vogelklatschen, Knallgeräte, Ultraschall und Feuerwerkskörper. Bewährt habe sich der Einsatz eines Falkners. Außerdem können Brutbäume und Nester entfernt werden.

In Laupheim versucht die Verwaltung seit Jahren, die schwarzen Plagegeister zu vergrämen – zum Teil mit den vom Ministerium empfohlenen Mitteln. „Es wurden Lärmmaschinen installiert, schwarze Tücher in den Bäumen aufgehängt, man hat Feuerwerkskörper über den Nestern explodieren lassen, Uhu-Attrappen aus Plastik in die Bäume gehängt“, zählt Stadtsprecher Andreas Braun auf. „Dann haben wir einen Falkner eingesetzt und Altnester vor Brutbeginn entfernt.“ Das Feuerwerk und das Nester-Entfernen seien noch am effektivsten gewesen. „Der durchschlagende Erfolg fehlt bis heute“, gibt Braun zu. „Wenn gegen nichts passiert, gründen wir eine Bürgerinitiative“, kündigt die Laupheimer Krähen-Geplagte Maria Schlumberger-Rentschler an.