Karolin Müller reicht den jungen Nesthäkchen ein spezielles Futter. Foto: Jens Noll

Karolin Müller päppelt im Tierheim in Bonlanden und in ihrem Zuhause junge, elternlose und verletzte Wildvögel auf. Das Schwierigste ist für sie die artgerechte Ernährung.

Bonlanden - In den Sommerferien herrscht im Tierheim im Eichholz Hochbetrieb. Zahlreiche Hunde, Katzen, Nage- und andere Tiere wollen versorgt werden. Mittendrin steht Karolin Müller und nimmt sich einen Moment Zeit, um eine kleine, mit Papier ausgelegte Box zu öffnen. Behutsam holt die Tierpflegerin ein nacktes und noch blindes Vögelchen heraus. Eine Frau beobachtet den kleinen Spatz auf der Hand der 32-Jährigen. „Kommt der durch?“, fragt sie. „Ich weiß es nicht“, antwortet Müller.

Seit die Tierheimmitarbeiterin eine Taube großgezogen hat, schlägt ihr Herz für junge Wildvögel. Amseln, Drosseln, Spatzen, Krähen, Meisen, Mauersegler und Eichelhäher – die Liste der Arten, die sie bereits versorgt hat, ist lang. „Dieses Jahr haben wir bestimmt schon 50 Vögel hiergehabt“, sagt Müller über ihre Auffangstation für verletzte und elternlose Jungvögel im Filderstädter Tierheim und in ihrem Zuhause am Rande der Schwäbischen Alb.

Nicht jeder Vogel darf Würmer fressen

„Die Vögel werden meistens gebracht“, berichtet Müller. Dabei handle es sich um Tiere, die aus dem Nest gefallen oder von einer Katze verletzt worden seien, erklärt sie. Wer ein bisschen fliegen oder rumhüpfen kann, hat in der Wildnis noch eine kleine Überlebenschance. Anders sieht es bei denen aus, die noch kein Federkleid tragen.

Karolin Müller geht zu einem Käfig mit ein paar Vögeln, die schon Federn haben. In einer Kiste davor sitzen zwei junge, noch flugunfähige Amseln, in einer anderen Box ein junger Mauersegler. „Die kommen durch“, sagt die Ersatz-Mama. „Das Schwierigste ist, sie artgerecht zu ernähren“, meint sie. Beim Füttern müsse man darauf achten, welche Vogelart man vor sich habe. „Regenwürmer“, erklärt die Tierpflegerin, „dürfen nur von ganz bestimmten Vogelarten gefressen werden.“

Dann erzählt sie von drei Amseln, die sie einschläfern lassen musste, weil sich ihre Gelenke nicht richtig entwickelt hatten. Die Menschen, die die Jungvögel zunächst gepflegt hatten, meinten es zwar gut, gaben ihnen jedoch das falsche Futter. Müller füttert ihre Nesthäkchen mit speziellen Larven. Sie nimmt eine der jungen Amseln aus der Kiste und reicht ihr die Speise mit einer Pinzette. Dann kommen die anderen dran.

Der schönste Moment: Die Auswilderung

Solange die kleinen Piepmatze noch gefüttert werden, nimmt Müller sie auch mit nach Hause. Denn sie müssen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang versorgt werden. „Ein kleiner Spatz braucht alle halbe Stunde etwas“, berichtet sie. Sich um die Tierchen zu kümmern macht ihr großen Spaß. Doch der schönste Moment ist für sie, wenn die Vögel kräftig genug sind, um wieder in die Freiheit zu flattern.

Manche sind schon nach drei Wochen zur Auswilderung bereit, bei anderen kann es fünf oder sechs Wochen dauern. Laut Müller müssen die Vögel vorher einmal gebadet werden, damit ihr Federkleid einen natürlichen Schutz vor Nässe entwickelt. Andernfalls würden sie den ersten Regen nicht überleben. Das Fliegen muss die Ersatzmutter mit den Vogelwaisen übrigens nicht üben. „Das ist angeboren“, sagt sie.

Einem Gesellen gefällt es dagegen im Tierheim so gut, dass er gar nicht mehr fort möchte. Fröhlich stolziert die Krähe „Krah“ durch einen Nebengang, beäugt von einigen Katzen, die hinter einer Glasscheibe sitzen. Doch nicht immer werden Karolin Müllers Bemühungen belohnt. „Er hat es leider nicht geschafft“, berichtet sie einige Tage später am Telefon von dem kleinen, eingangs erwähnten Spatz.

Spenden gesucht

Für Wildvögel:
Um die Auffangstation weiterhin betreiben zu können, ist das Tierheim in Bonlanden, Im Eichholz, auf Spenden angewiesen. Damit werden artgerechtes Vogelfutter und gelegentliche Tierarztbesuche finanziert. Spendenkonto: Tierschutzverein Tierfreunde Filderstadt e.V., Kontonummer 7631063, Bankleitzahl 61150020 (KSK Esslingen-Nürtingen), Verwendungszweck: „Wildvogelhilfe“.

Für Katzen:
Zur Versorgung zahlreicher Katzen benötigt das Tierheim zudem Nassfutter.