Möhren haben im Döner nichts verloren Foto: dpa

Die Rückrufaktion hat vor zweieinhalb Jahren bundesweite Beachtung gefunden: Ein im Kreis Göppingen beheimateter Dönerhersteller, der Imbissbuden im gesamten süddeutschen Raum belieferte, bat darum, seine Spieße wieder zurückzugeben - da sei was drin, was nicht hieingehöre.

Göppingen - Die Rückrufaktion hat vor zweieinhalb Jahren bundesweite Beachtung gefunden: Ein im Kreis Göppingen beheimateter Dönerhersteller, der Imbissbuden im gesamten süddeutschen Raum belieferte, bat darum, seine Spieße wieder zurückzugeben. Der Grund: dem Fleisch sei Möhrentrester hinzugemischt worden. Seit Mittwoch muss sich der Geschäftsführer des mittlerweile insolventen Unternehmens wegen seiner recht eigenwilligen Rezeptur vor dem Göppinger Amtsgericht verantworten.

Bei Möhrentrester handelt es sich um die Pressrückstände, die bei der Herstellung von Karottensaft entstehen. Eine Gesundheitsgefahr habe wohl nicht bestanden, betonte ein als Sachverständiger geladener Lebensmittelchemiker. Er hatte vier Spieße, die aufgrund der Rückrufaktion von Imbissständen in Stuttgart und Heidenheim zurückgesandt worden waren, untersucht.

Er stellte aber auch klar: „Möhren gehören nicht in den Döner.“ Zudem sei der Trester als Futtermittel deklariert gewesen und deshalb nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. Der Gesetzgeber geht in solchen Fällen davon aus, dass „ein verständiger Verbraucher Ekel empfinden würde, wenn er wüsste, dass Futtermittel beigemengt wurden“. Der Experte formulierte es drastischer: „Ich möchte ja auch keine Dose Chappi vorgesetzt bekommen.“

Wie der 42-jährige Angeklagte vor Gericht einräumte, hatte er im Mai 2012 erstmals Möhrentrester bei einem Hersteller in Norddeutschland gekauft. Dass es sich nicht um harmloses Karottenmehl, sondern um Futtermittel gehandelt habe, sei ihm nicht bewusst gewesen. Das entsprechende Etikett, auf dem die Wörter „Möhrentrester“ und „Einzelfuttermittel“ klar zu erkennen waren, habe er wegen mangelnder Deutschkenntnisse nicht lesen können. Sein Ziel sei gewesen, das Fleisch ein wenig farblich aufzupeppen. Zu Hause habe er so lange experimentiert, bis er mit dem Ergebnis zufrieden gewesen sei.

Tatsächlich zeigte er, als das Veterinäramt den Betrieb im September 2012 schloss, wegen der Trestersäcke kein schlechtes Gewissen. „Er war ganz unbedarft“, erinnerte sich der damals zuständige Amtstierarzt. Wie viele Möhrendöner im Sommer 2012 in Umlauf kamen, kann nur geschätzt werden.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft dürfte das Unternehmen rund 1,5 Tonnen Trester verarbeitet haben. 135 Tonnen Dönerfleisch seien in der fraglichen Zeit ausgeliefert worden. Den damit erzielten Umsatz beziffert die Staatsanwaltschaft auf fast 600 000 Euro. Dennoch war das 17 Mitarbeiter zählende Unternehmen schon damals komplett überschuldet, weshalb sich der 42-jährige Angeklagte auch wegen Insolvenzverschleppung verantworten muss.

Den Tipp, mal wieder in der Dönerfabrik vorbeizuschauen, hatte das Veterinäramt übrigens vom Hygienebeauftragten des Unternehmens erhalten, der kurz zuvor gefeuert worden war. Er sitzt nun ebenfalls auf der Anklagebank, weil sich die Produktionsräume bei der Kontrolle in einem Ekel erregenden Zustand befanden. Er habe immer alle Mängel dokumentiert, am Ende seien seine Anweisungen aber nicht mehr befolgt worden, verteidigte sich der Mann. Das Urteil fällt am nächsten Mittwoch.