Mit dem Floß nach Island: der Bildhauer Thomas Rappaport Foto: StZ

Mit seinem vier Meter großen Kugelfloß aus Schwarzwaldtannen, das er 2010 über Neckar und Rhein nach Rotterdam schippern ließ, hat der Stuttgarter Holzbildhauer Thomas Rappaport Furore gemacht. Nun fährt er es nach Island als „Global Raft“.

Stuttgart - Herr Rappaport, braucht die Welt ein globales Floß?
Sie braucht neue Perspektiven. Die bekam ich, als ich die Fotografien von Silke Walther sah, die vom Wasserspiegel aus fotografiert. Ich entdeckte Wasser als Kunststoff, baute Strömungsskulpturen, reiste damit in Städte am Wasser, nach Venedig, Rotterdam, Stockholm. Mir wurde klar: in zwanzig Jahren werden sie anders sein wegen der globalen Erwärmung. In „Global Raft“ fließen auch Fakten ein: In der Schweiz gibt es die einzige dreifache Wasserscheide Europas. Vom Lunghin-Pass fließt Wasser ins Schwarze Meer, ins Mittelmeer und in die Nordsee. Die Welt ist ein globaler Kreislauf.
Sie schippern kommende Woche das Kugelfloß per Fähre nach Island, reparieren und vereisen es dort – und schneiden ab 13. August ein identisches Eis-Floß aus einer Gletscherlagune. Holz- und Eisflöße werden dem Meer übergeben, zusammen mit Hunderten von kleinen Eis-Flößen mit Baumsamen, die nach dem Schmelzen irgendwo keimen könnten  . . . Warum setzen Sie Ihre Land-Art in Island um?
Weil dort in den Gletscherseen die Erderwärmung überdeutlich ist. Zudem kommen beim reparierten Kugelfloß Orte, Geschichte und Geschichten zusammen: Weißtannenhölzer aus dem Schwarzwald, sibirisches Treibholz, das an die Küsten Islands gespült wird, und isländisches Grünholz. Nachdem die Wikinger vor eintausend Jahren alles abgeholzt haben, wird Island jetzt langsam aufgeforstet. Die kunstaffinen Isländer haben mich mit offenen Armen empfangen, parallel habe ich auch mehrere Ausstellungen dort.
Sie nennen ihre Werke „Klimakunst“. Ein Wink mit dem moralischen Zeigefinger?
Keinesfalls. Mir geht es um die Schönheit des Planeten, die Klugheit der Natur. Klimaerwärmung geht alle an – sie ist auch ein Grund für die Flüchtlingsproblematik. Das sibirische Treibholz ist Migrationsholz. Holz war im 19. Jahrhundert Exportgut der armen Regionen Badens und Württembergs, Tausende von Menschen flohen vor Armut und Unterdrückung über den Atlantik. Klimakunst meint auch das Klima zwischen Menschen. Übrigens, „Global Raft“ ist ein Mitmachprojekt: Ich habe eine Form entwickelt, mit der jeder Wasser und Baumsamen zu „Globe on the Rocks“ gefrieren und als „Global Rafts“ in einem Fluss schwimmen lassen kann – aktiv gegen den Klimawandel.