Foto: Timo Deiner

Skunk Anansie sind mit ihrem neuen Album "Black Traffic" auf Tour und haben am Samstagabend im Theaterhaus in Stuttgart Station gemacht.

Stuttgart - Ihr neues Album „Black Traffic“ kann vielleicht nicht an alte Zeiten anknüpfen. Live gehören Skunk Anansie aber immer noch in die Oberliga des Rock – und beweisen das mit einer eindrucksvollen Show im Theaterhaus.

Eigensinn macht Spaß. Das wusste schon Hermann Hesse, könnte aber auch das Motto von Skunk Anansie sein. Sie waren die großen Individualisten des Rock, schreckten nicht davor zurück, zu polarisieren. Inhaltlich wie musikalisch. Sie spalteten die Musikwelt der Neunziger in zwei Lager, erregten mit Sängerin Skins auffälligem Auftreten und ihren radikalen Texten mehr als nur ein wenig Aufsehen. Die wilden Jahre sind mittlerweile vorbei, der größte Zorn verraucht – und doch sehen 1600 Menschen im Theaterhaus eine Show, die an Leidenschaft und Energie nicht zu überbieten ist. Zwar muss man sich zunächst daran gewöhnen, dass die selbsternannte Amazone nicht jede Songpause für ihre feministische Agenda nutzt. Nach ein paar Songs merkt man jedoch, dass das der Show mehr als nur gut tut. Endlich wird das in den Vordergrund gerückt, was zählt: Die Musik. Und die ist 2012 genau so faszinierend wie Mitte der Neunziger, als sich die Briten mit Songs wie „Hedonism“ ins Ehrenbuch des Rock eintrugen.

Dann war plötzlich Schluss, 2009 folgte das Comeback. Und das kommt es jetzt so richtig in Schwung: Die wütende Mischung aus Grunge, Alternative Rock und Crossover ist auch heute noch erfrischend. Das ungewöhnliche Organ der dürren Frontfrau sicherte Skunk Anansie schon vor 15 Jahren einen denkbar hohen Wiedererkennungswert – und davon profitieren sie bis heute. Bei einem neuen Album, das man trotz einiger Ausschläge nach oben bestenfalls als durchschnittlich bezeichnen kann, rettet man sich mit einer von Klassikern gespickten Setlist, aus der „Weak“ mit seinem berstend intensiven Gesang oder „Twisted (Everyday Hurts)“ klar hervorstechen. Und neben neueren Perlen wie „My Ugly Boy“ auch am besten ankommen: Im Publikum feiern überwiegend Erwachsene, die zu Skunk Anansies Hochzeiten um die 20 waren und Skin zur Gallionsfigur alternativer Musik machten. In die Jahre gekommen sind mittlerweile alle ein wenig, von Altersmilde kann angesichts der packenden 90 Minuten keine Rede sein: Die Band agiert auf einem auffällig hohen Niveau, ist sagenhaft aufeinander eingespielt und muss sich in Sachen Präsenz nicht hinter ihrer Sängerin verstecken. Die ist Charisma pur, ganz das Energiebündel, das sie schon 1995 war. Sie steht keine Sekunde still, rennt über die Bühne, singt weniger als dass sie jeden Ton lebt. Das auffällige Lackoutfit ist Ehrensache, ebenso der direkte Publikumskontakt. Während der Zugabe taucht sie sogar plötzlich in der Hallenmitte auf, thront über den verzückten Fans und hat sichtlich Spaß an der Show. Vielleicht haben Skunk Anansie auf ihren neueren Alben noch nicht nur ihrer alten Form zurückgefunden. Live hingegen war diese Band nie besser. 

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