Die Kinder aus der Unterkunft in der Böblinger Straße stehen zum ersten Mal auf der Bühne. Foto: privat

Der Verein Props bringt „Can I help you?“ auf die Bühne – gespielt von Flüchtlingskindern.

Stuttgart - Kleinere Katastrophen lassen Tanja Prause inzwischen kalt. Wie zum Beispiel, wenn bei der Generalprobe zur vereinbarten Uhrzeit kein einziges Kind im Alten Feuerwehrhaus anzutreffen ist. Das läuft bei ihr unter „Herausforderungen“. Seit einem Jahr arbeitet die Sozial- und Theaterpädagogin mit Kindern aus der Flüchtlingsunterkunft in der Böblinger Straße 18. Zu Beginn ist sie mit ein paar Schnupperkursen gestartet, daraus ist nun ein wöchentlicher Theaterkurs mit circa zehn Kindern geworden.

Am Freitag, 9. Dezember, feiert die außergewöhnliche Theatergruppe mit „Can I help you?“ Premiere im Alten Feuerwehrhaus. Das Stück haben Prause und die Co-Leiterin der Gruppe Daniela Wolfschläger gemeinsam mit den Kindern entwickelt. Darin treffen an einem Nachmittag in einem Park eine schwer beladene ältere frau, eine Austauschülerin und ein hungriger alter Mann sowie ein Straßenkehrer aufeinander. Durch aufmerksame Passanten erfahren sie alle Hilfe in der Not.

Viele Kinder wussten überhaupt nicht, was ein Theater ist

Herausfordernd sei es gewesen, das Stück mit den Kindern zu erarbeiten, ergänzt sie. Denn nicht nur die Kinder sprechen alle verschiedene Sprachen, auch Prauses Team setzt sich aus den unterschiedlichsten Nationalitäten zusammen. „Und die Kinder waren alle neu in Deutschland, einige hatten keine Ahnung, was Theater überhaupt ist“, sagt die 41-Jährige aus dem Stuttgarter Süden.

Nach einem Jahr sei nun aber „etwas ganz Schönes entstanden“, sagt sie. „Die Kinder haben sich sehr entwickelt, vor allem, was ihr Selbstbewusstsein angeht“, so der Eindruck der Pädagogin. Ein Mädchen leide unter Entwicklungsverzögerungen. Sie habe sich zwar gefreut, dabei sein zu dürfen, sei aber völlig zurückhaltend gewesen. „Jetzt geht sie völlig ohne Angst auf die Bühne“, erzählt Prause stolz.

Bisher sind in der interkulturellen Theatergruppe nur Flüchtlingskinder. Prause wiederum fände es schön, wenn sich auch andere Kinder aus dem Stadtteil anschließen. Generell ist das Ziel ihres Vereins „Props – Wert und Mut“ Kultur- und Theaterprojekte mit Kindern und Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen durchzuführen. Prauses Erfahrung nach erhielten diese dadurch viel Wertschätzung, die sie in Schule und Familie vielleicht nicht bekämen. Wichtig sei ihr in jedem Projekt jedem Teilnehmer das Gefühl „ich bin wertvoll“ zu vermitteln. „Die Kinder lernen dann, dass sie mit ihren Stärken etwas zur Gesellschaft beitragen können.“

Das Projekt ist über die Facebook-Seite „Refugees welcome“ entstanden

Das Team besteht aus um die sieben Köpfen, die sich alle ehrenamtlich engagieren. Auch Malad Kassemarrak hat zum Beispiel beim Bühnenbild mitgewirkt, spielt zwischendurch mit den Kindern oder holt sie aus der Unterkunft ab und bringt sie zu den Proben. Die 18-Jährige kam über die Facebook-Seite „Refugees welcome“ zu dem Projekt, weil sie arabisch und englisch spricht und dafür jemand gesucht war. Über die Internetseite ist auch das Projekt erst entstanden. Ein syrischer Flüchtling hatte dort dazu aufgerufen, eine Theatergruppe mit Kindern zu gründen. „Da war mir klar, das ist was für Props“, erzählt Prause.