Der Darmstädter Pharmakonzern Merck übernimmt den US-Laborausrüster Sigma-Aldrich. Foto: dpa

Es wird mit rund 13 Milliarden Euro die mit Abstand teuerste Übernahme in der Geschichte des Darmstädter Pharma- und Chemie-Konzerns Merck: Völlig überraschend kündigte Vorstandschef Karl-Ludwig Kley am Montag die Übernahme des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich an.Die Konsequenzen für die Beschäftigten sind noch unklar.

Darmstadt - „Das ist nicht nur ein Meilenstein, sondern ein Quantensprung für Merck“, sagte Kley am Sitz des US-Unternehmens in St. Louis im Bundesstaat Missouri. Mit der Übernahme verdoppelt Merck den Umsatz seiner Labor- und Life-Sciene-Sparte Millipore auf 4,7 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis soll sogar um 140 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro zulegen. Börsianer zeigten sich angetan: Die Merck-Aktie kletterte am Montag zeitweise um fast zehn Prozent auf ein neues Rekord-Hoch von 76,14 Euro.

Kley hatte monatelang mit Sigma-Aldrich Chef Radesh Sachdev verhandelt. Sowohl Vorstand und Aufsichtsräte der Unternehmen in Darmstadt und St. Louis stimmten dem Vorhaben offenbar ohne Bedenken zu. Noch aber muss die Transaktion, die bis Mitte 2015 abgeschlossen sein soll, von den Behörden und den Sigma-Aktionären abgesegnet werden. Kley und Sachdev ließen am Montag aber keinen Zweifel, dass dies passieren wird. Zumal Merck mit 140 Dollar (rund 109 Euro) je Aktie einen Aufschlag von fast 40 Prozent auf den aktuellen Kurs der Sigma-Aktie bietet. Nach Ansicht von Kley ist dies angemessen. Es handele sich um eine Top-Firma, die Merck einen Riesenschritt voranbringe. Mit der Übernahme stärke Merck das Geschäft in den USA, wo man bislang unterrepräsentiert gewesen sei. Auch in Asien eröffne der Zusammenschluss neue Perspektiven für das Geschäft mit Chemikalien, Biochemikalien und andere Produkte für Forschung und Entwicklung in Unternehmen und an Universitäten.

Größte Übernahme der Firmengeschichte

In Darmstadt ist man sich sicher, dass man die Kosten für die Übernahme, die aus Barmitteln, Krediten und Anleihen finanziert wird, schnell wieder hereinholt, zumal die Gewinnmarge des gesamten Konzerns durch die Ausweitung des höchst rentablen Laborgeschäftes von 30 auf rund 33 Prozent steigen soll. „Merck ist ein exzellenter Schuldner, daher ist die Refinanzierung zu guten Konditionen kein Thema“, sagt Ulrich Huwald, Analyst beim Bankhaus MM Warburg. Außerdem sei Sigma-Aldrich nach der jüngsten Restrukturierung gut aufgestellt.

Bis zum Jahr 2018 soll der Zusammenschluss zu Synergien von jährlich 260 Millionen Euro führen. Was dies für die Mitarbeiter bedeutet, wollten die beiden Firmenchefs am Montag nicht sagen. Merck Millipore beschäftigt derzeit weltweit rund 10 000 Menschen und setzt pro Jahr rund 2,7 Milliarden Euro um. Sigma-Aldrich kommt mit 9 000 Beschäftigten auf einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr waren es gut eine Milliarde Euro, bei einem Betriebsergebnis von rund 640 Millionen Euro. Zusammen haben beide Firmen für das Jahr 2013 einen Pro-Forma-Umsatz von 4,7 Milliarden Euro bei einem Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen von 1,5 Milliarden Euro erzielt. Merck insgesamt kam im vergangenen Jahr im Pharma- und Chemiegeschäft auf einen Umsatz von 11,1 Milliarden Euro und ein Ergebnis von knapp 3,3 Milliarden Euro. Weltweit beschäftigte Merck zuletzt 39 000 Menschen, davon 11 000 in Deutschland, gut 9000 am Stammsitz in Darmstadt.

Für den 350 Jahre alten Konzern aus Darmstadt ist der Kauf von Sigma-Aldrich die größte Übernahme in der Firmengeschichte. Kley zufolge könnte Sigma nicht der letzte Kauf gewesen sein.