Fußball-Fans demonstrieren vor dem Champions-League-Spiel ihre Solidarität mit den Dortmunder Fußballern, die am Tag zuvor Ziel eines Sprengstoffanschlags waren. Foto: dpa

Zum ersten Mal in Deutschland sind Spitzensportler das Ziel von Extremisten. Mordattacken gegen Fußballer sind eine neue Dimension des Terrors, kommentiert Rainer Pörtner.

Stuttgart - Die Anschläge, mit denen die Rote Armee Fraktion (RAF) vor bald einem halben Jahrhundert Deutschland verunsicherte, richteten sich gegen einzelne Menschen: 33 Morde an Politikern, Wirtschaftsführern, Staatsbeamten und deren Fahrern, an Polizisten und Soldaten gingen auf das Konto der Linksextremisten. Das Mordmuster islamistischen Terrors in Europa ist zumeist anders. Diese Extremisten zündeten ihre Bomben oder lenkten die todbringenden LKW bisher zu belebten Orten, die in der Regel eine hohe symbolische Bedeutung für den westlichen Lebensstil haben: Weihnachtsmärkte und Einkaufsstraßen, Theaterplätze und Flaniermeilen. Ihnen war egal, wer dort starb. Hauptsache, es waren möglichst viele Menschen.

Im Visier wegen ihrer Prominenz

Der Anschlag auf den Mannschaftsbus der Dortmunder Borussia, von der Karlsruher Bundesanwaltschaft als terroristischer Akt eingestuft, hat insofern eine neue bedrückende Qualität. Zum ersten Mal in Deutschland sind Spitzensportler das Ziel. Das terroristische Kalkül wird damit auf perfide Art erweitert. Im Visier sind plötzlich wieder einzelne Menschen. Sie werden jedoch nicht wegen ihrer Nähe zum politischen System ausgesucht, das angeblich bekämpft wird, sondern wegen ihrer Prominenz. Das soll die Schreckenswirkung auf die gesamte Gesellschaft noch einmal verstärken.

Berührende Szenen der Solidarität

Terror ernährt sich von der Angst, die er zu erzeugen vermag. Die letzten Tage und Wochen brachten sehr viel Terror. Aber egal ob Berlin, St. Petersburg, Stockholm oder jetzt Dortmund – die unmittelbar getroffenen Menschen haben in überraschend deutlicher und bewundernswerter Weise gezeigt, dass sie den Angstmachern widerstehen wollen. In Russland, in Schweden wie in Deutschland gab es nach den Anschlägen berührende Szenen der Solidarität und einen offenkundig starken Willen, sich nicht durch Terroristen vorschreiben zu lassen, wie wir leben. Einen Tag nach der Mordattacke ins Fußballstadion einzulaufen, dürfte den Spielern von Borussia Dortmund sehr viel abverlangen. Dabei zeigen sie menschliche Stärke, die weit über ihr Fußballspiel hinausweist.

rainer.poertner@stzn.de

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