Nach den Explosionen wird der Brüsseler Flughafen evakuiert. Foto: dpa

Mehrere Explosionen am Flughafen und in einer Metro-Station, zahlreiche Tote und Verletzte, so lautet die erste Bilanz der Anschläge in Brüssel. Unser Korrespondent Detlef Drewes ist vor Ort.

Brüssel - Die belgische Hauptstadt Brüssel ist am Dienstagmorgen von einer Anschlagswelle getroffen worden. Kurz nach acht Uhr fielen in der Anflughalle des Airports Zaventem zunächst einige Schüsse, dann zerrissen zwei Explosionen die Geschäftigkeit, die um diese Zeit an den Check-In-Schaltern herrscht. Augenzeugen berichteten, am Counter der US-Airline American Airlines habe ein Mann mit Rucksack eine Bombe gezündet. Die Wucht der Explosion sprengt hunderte von Fensterscheiben, Teile der Deckenkonstruktion stürzen herunter. Von Verletzten ist die Rede, schließlich von einem Toten. Als sich der Nebel lichtet, sind es wohl mindestens 13 Menschen, die ums Leben gekommen sind. „Ich habe nur eine Druckwelle gespürt und dann wurde ich von einem Metallteil am Rücken getroffen und fiel hin“, schildert ein Passagier unmittelbar nach dem Anschlag seine Erlebnisse.

Dichter Rauch dringt aus dem Gebäude. Feuerwehren und Rettungsfahrzeuge rasen heran. Auf Amateur-Videos kann man sehen, wie Hunderte verzweifelt aus dem Terminal zu fliehen versuchen, die nahegelegenen Parkhäuser stürmen – während drinnen eine zweite Explosion zu hören ist. Kurz darauf wird der Flughafen, der zu den wichtigsten Drehkreuzen Europas gehört, geschlossen, die belgische Bahn stoppt ihre Verbindungen zur Innenstadt. Andere Bilder zeigen, wie die Sicherheitskräfte des Flughafen Menschen zu den Notausgängen leiten. Nur wenige sind ruhig, viele weinen, schreien, wollen nur noch raus. „Ein Terminal ist doch wie ein Käfig“, schildert eine Frau mit greller Stimme. „Hier können sie uns doch auch jetzt noch treffen.“

Menschen liegen auf der Straße und warten auf Hilfe

Kaum eine Stunde nach den Anschlägen ruft die Regierung die höchste Terrorwarnstufe aus, die ihr die Möglichkeit gibt, alle öffentlichen Gebäude sowie Kindergärten und Schulen zu schließen. Doch es ist zu spät. Eine gute Stunde nach dem Anschlag auf den Airport wird die Lebensader der Stadt angegriffen. In der Metro-Station Maelbeek geht ein weiterer Sprengsatz in die Luft, der nebenanliegende Bahnhof Schuman wird sofort gesperrt: Es ist die Metro-Station, die direkt im Europäischen Viertel unter dem Gebäude der Europäischen Kommission liegt. Auch hier quillt dichter Rauch aus den unterirdischen Gängen. Es habe viele Verletzte gegeben, heißt es von den Sicherheitsbehörden. Auf der anliegen Rue de la Loi, einer mehrspurigen Verbindung in die Innenstadt, liegen Menschen, die auf Hilfe warten. Unmittelbar danach stellen die städtischen Betriebe den gesamten Verkehr auf dem Metro-Netz ein.

Brüssel versinkt im Verkehrschaos, weil zwei wichtige Achsen für Pendler nicht mehr nutzbar sind. Die Autos stauen sich überall, alle wollen nur noch weg, raus aus dieser Stadt, die an diesen Morgen nicht vergessen kann. Dass es sich bei den Anschlägen um einen Racheakt für die Verhaftung des Pariser Attentäters Salah Abdeslam handeln könnte, liegt nahe. Aber zu dieser Stunde will noch niemand etwas sagen, die Einsatzkräfte sind händeringend bemüht, Verletzte zu versorgen und die Schauplätze zu sichern.

Vor vier Monaten hatte eine Terrorwarnung der Regierung für viel Verärgerung gesorgt, weil sie für übertrieben gehalten wurde. Jetzt weiß man, dass sie zumindest angemessen war. Der Angriff auf Brüssel trifft die Stadt, als man nach der Verhaftung Abdeslams gehofft hatte, es werde vielleicht doch wieder ruhig werden. Doch wer immer die Täter waren, sie konnten und wollten dokumentieren, dass sie trotzdem noch zuschlagen können. Und sie haben nicht nur die Toten und Verletzten getroffen. Die 41-järhige Lina saß in der letzten Metro, die den Bahnhof Maelbeek noch ungehindert passieren konnte. „Plötzlich spürten wir einen Stoß, so als ob jemand die ganze Metro von hinten angeschoben hätten. Dann war alles dunkel. Ich hatte solche Angst. Als erstes habe ich meine Kinder angerufen...“

In unserem Liveticker berichten wir über die Geschehnisse.