Dohuk im Nordirak: Flüchtlinge finden unter einer Brücke Schutz. Foto: dpa/Misereor

Christliche Flüchtlinge haben oft Familie in Baden-Württemberg. Viele Angehörige demonstrieren für mehr Hilfe.

Stuttgart - Zwischen Staub und Steinen sitzt eine Familie unter einer Autobahnbrücke nahe der Stadt Duhok. Fotos wie dieses erhält Klaus Rieth, der Außenbeauftragte der evangelischen Landeskirche Württemberg, täglich. Die aramäische Familie ist eine von vielen, die wegen der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ihre Heimat verlassen. Etwa 200 000 Aramäer sollen es, die diese Woche geflohen sind.

Nicht nur im Irak und in Syrien, auch in Europa gibt es Aramäer, die größtenteils eingewandert sind, um hier zu arbeiten. Laut dem Bundesverband der Aramäer leben rund 90 000 in Deutschland, etwa 12 000 in Baden-Württemberg. Allein in Heilbronn leben mehr als 700 aramäische Familien.

Nach der Einnahme von Mossul durch IS spitzt sich die Lage der Christen im Irak zu. „Sie sind völlig verzweifelt“, sagt Rieth. „Der Kreis, in den sie ziehen können, wird immer enger, es gibt nur noch die Städte Duhok und Erbil.“

Die Landeskirche setzt sich seit Jahren für Aramäer ein. In den letzten zehn Jahren flossen 1,3 Millionen Euro in den Irak und nach Syrien. Vor allem wird Bildung gefördert, doch in letzter Zeit wurde die Versorgung mit Lebensmitteln und die Beschaffung von Wohnraum wichtiger. „Es geht darum, die Menschen vor Ort zu stärken“, so Rieth.

„Die Projekte haben durch die Vertreibung keinen Bestand mehr“, sagt Daniyel Demir, Vorsitzender des Bundesverbandes der Aramäer. „Es gibt massive Flüchtlingsströme in die Kurdengebiete. Aber es fehlt an Strom, Medizin, Unterkünften und Lebensmitteln.“ Eine Wahl haben die christlichen Aramäer und die jesidischen Kurden nicht. Wenn die Terroristen von IS kommen, müssen sie sich zwischen Übertritt zum Islam und dem Tod entscheiden. „Der einzige Ausweg ist die Flucht“, so Demir.

Diese Lage zerrt nicht nur an den Nerven der Aramäer im Krisengebiet. Auch ihre in Deutschland lebenden Verwandten haben große Angst. „Viele haben dort Bekannte oder nahe Angehörige“, sagt Demir. „Sie fühlen sich im Stich gelassen und fragen sich, warum keiner was tut und wie sie selbst helfen können.“ Ihre Hoffnungen setzen sie auf die Bundesregierung, aber auch auf die USA. Sie wollen, dass die Hilfe für ihre Familien ausgeweitet wird. Am Mittwoch fand in Stuttgart eine Demonstration statt, eine weitere ist für den 16. August geplant.