Polizisten suchen hinter einem Einsatzfahrzeug Deckung in der Nähe des Parlaments in Ottawa. Foto: dpa

Nachdem in Ottawa an einem Kriegerdenkmal ein Soldat der Ehrenwache niedergeschossen wurde, fielen Schüsse im kanadischen Parlament. Der Soldat ist inzwischen seinen Verletzungen erlegen; die Polizei fahndet nun nach mehreren Tätern.

Ottawa - Ein Mann hat das Parlament in Kanadas Hauptstadt Ottawa mit einem Gewehr angegriffen. Es kam zu einer Schießerei mit Sicherheitskräften. Zuvor war nur wenige Meter vom Regierungssitz entfernt ein Soldat am Weltkriegsdenkmal niedergeschossen worden; er ist inzwischen seinen Verletzungen erlegen. Das teilte der kanadische Arbeitsminister Jason Kenney am Mittwoch per Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Ein Angreifer soll nach Medienberichten getötet worden sein. Offiziell wollte die Polizei das nicht bestätigen.

Die Polizei richtet ihre Ermittlungen auf mehrere Täter aus. In der ganzen Stadt werde in diese Richtung ermittelt, alle Polizisten seien daran beteiligt, hieß es am Mittwoch. Deshalb würden vorerst alle Polizeiwachen für den normalen Besucherverkehr geschlossen.

Auch in einem Einkaufszentrum in der Innenstadt nahe dem Parlamentsgebäude seien Schüsse gefallen, berichteten kanadische Medien unter Berufung auf Polizeiangaben. Das Einkaufszentrum sei evakuiert worden, teilten die Betreiber per Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Bürgermeisters Jim Watson äußerte sich per Kurznachrichtendienst Twitter: Er sei „schockiert und traurig“ wegen der Ereignisse. „Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Verletzten.“

Die Hintergründe blieben zunächst unklar. Die Polizei hat alle Passanten aufgefordert, keine Fotos oder Videos online zu stellen. Andernfalls könnten Helfer oder auch Unbeteiligte in Gefahr gebracht werden. Zugleich bat die Polizei um Informationen und forderte alle Passanten auf, Fotos oder Videos von der Tat zur Verfügung zu stellen.

Erst am Montag hatte ein mutmaßlicher Islamist zwei kanadische Soldaten überfahren. Ein Soldat starb, der Täter wurde nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei erschossen.

Unklar bleibt, ob radikale Islamisten auch hinter den Angriffen von Ottawa standen und ob es einen Zusammenhang zwischen allen drei Taten gibt. Die Polizei wollte den Verdacht, dass Islamisten dahinter steckten, nicht bestätigen. Kanada beteiligt sich im Irak an den Luftangriffen des von den USA geführten Bündnisses auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Nach Angaben von US-Regierungsmitarbeitern gab es zunächst keine Hinweise auf politische Extremisten.

"Mom, I'm okay"

Premierminister Stephen Harper war während der Schießerei am Mittwoch im Parlamentsgebäude. Er wurde in Sicherheit gebracht, wie sein Sprecher auf Twitter mitteilte. Mehrere Parlamentarier hielten ihre Angehörigen auf Twitter auf dem Laufenden: Sie seien sicher, aber in großer Sorge und Angst, hieß es in mehreren Nachrichten: „Mama, mir geht es gut. Ich verstecke mich“, twitterte die Abgeordnete Michelle Rempel.

„Mindestens 30 Schüsse während der Sitzung. Wir sind in Sicherheit, aber es ist noch nicht vorbei“, twitterte der Abgeordnete Tony Clement.

Die ersten Schüsse fielen laut Polizei um 9.52 Uhr Ortszeit (15.52 deutscher Zeit) am Denkmal. Passanten versuchten, den getroffenen Soldaten mit Erster Hilfe zu retten. Sein Zustand war zunächst unklar.

Medien zufolge berichteten Zeugen, ein langhaariger Mann habe mehrere Schüsse abgefeuert und sei dann mit einem Gewehr zum Parlamentsgebäude gegangen. Am Eingang soll er mit dem Gewehr mehrfach in das Gebäude geschossen haben. Anfangs hieß es, auch im Gebäude selbst seien Schüsse gefallen.

Parlamentsgebäude abgeriegelt

Die Polizei sperrte das Gebiet weiträumig ab und forderte alle Passanten auf, sich vom Parlamentshügel fernzuhalten. Das Gebäude selbst wurde abgeriegelt; niemand kam hinein oder heraus. Das Gebiet in einem Park unmittelbar am Fluss Ottawa ist sonst frei zugänglich, Tausende Touristen lassen sich jeden Tag mit den Wachen fotografieren.

Die Polizei gab zunächst keine Details zu den Ermittlungen bekannt. Alle Wachen schlossen ihren Besucherverkehr. Die Polizei forderte alle in der Innenstadt von Ottawa auf, sich nicht am Fenster zu zeigen oder auf Dächer zu gehen.

Das Denkmal für die Kriegstoten ist unmittelbar am Parlamentspark, nur durch eine Straße getrennt. Die Ehrenwache ist zwar bewaffnet, die Sturmgewehre dienen aber rein repräsentativen Zwecken. Unklar war, ob sie normalerweise überhaupt geladen sind. Das Denkmal wurde 1939 für die Toten des Ersten Weltkrieges eingeweiht und dient inzwischen auch dem Gedenken der Opfer anderer Kriege.