Seit 2015 beschäftigt der Zwist zwischen einer Allgäuer Brauerei und einem Berliner Wettbewerbsverband die Justiz - und bald wohl auch die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe. Foto: dpa

Seit 2015 streiten sich eine Allgäuer Brauerei und ein Berliner Wettbewerbsverband vor Gericht. Es geht um die Frage, ob man Bier als bekömmlich bewerben darf. Klärung in dem Fall soll nun der Bundesgerichtshof bringen.

Leutkirch/Karlsruhe - Über die Frage wird seit fast zwei Jahren gestritten: Darf man Bier in der Werbung als bekömmlich bezeichnen oder nicht? Seit 2015 beschäftigt der Zwist zwischen einer Allgäuer Brauerei und einem Berliner Wettbewerbsverband die Justiz - und bald wohl auch die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe. Die Revision in dem Fall sei zugelassen worden, sagte eine BGH-Sprecherin. Der Termin für eine Verhandlung stehe aber noch nicht fest.

„Als uns im Mai 2015 der Brief des Vereins ins Haus flatterte, hätte ich nie gedacht, dass es so lange gehen würde“ sagt Brauereichef Gottfried Härle aus Leutkirch (Kreis Ravensburg). Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) aus Berlin hatte damals eine einstweilige Verfügung gegen seine Firma erwirkt und dem Unternehmen die Werbung mit dem Begriff untersagt. Härle ließ daraufhin das Wort auf seinen Etiketten mit Filzstiften streichen - und legte Berufung ein.

Nach zwei Entscheidungen vor dem Landgericht Ravensburg befasste sich 2016 auch das Oberlandesgericht Stuttgart mit dem Fall. Die Urteile gaben aber jeweils dem Wettbewerbsverband Recht: Der sieht in dem Begriff „bekömmlich“ eine gesundheitsbezogene Angabe - diese sei nach EU-Recht im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken nicht erlaubt.

Die Wettbewerbschützer berufen sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2012. Damals ging es um das Thema Wein. Winzer dürfen dem Richterspruch zufolge nicht mit Werbeslogans wie „bekömmlich“, „sanfte Säure“ oder „Edition Mild“ für ihren Wein werben. Das seien gesundheitsbezogene Angaben, die auf den geringen Säuregehalt und die leichtere Verdaulichkeit hinwiesen, aber Gefahren beim Trinken von Alkohol verschwiegen (Rechtssache C-544/10).

„Das ist ein so sensibler Bereich, den hat der europäische Gesetzgeber ausdrücklich geregelt“, sagt die Geschäftsführerin Angelika Lange. Dem Verein gehe es darum, „deutliche Schranken zu setzen, damit der Alkoholkonsum durch solche gesundheitsbezogenen Aussagen nicht noch unnötig angeheizt wird.“ Mit einer Verhandlung zum Bierstreit vor dem BGH rechnet Lange frühestens im Spätherbst.

Für Härle ist das Verbot des Begriffs nicht nachvollziehbar

Für Härle ist das Verbot des Begriffs nicht nachvollziehbar. Er habe den Brief des Berliner Vereins damals immer wieder gelesen und sich gefragt: „Kann das eigentlich sein, dass so eine traditionelle Bezeichnung, zu der ich mir eigentlich gar nie Gedanken gemacht habe, plötzlich nicht mehr zulässig sein soll?“, erzählt er im Rückblick. „Bekömmlich ist ja auch kein reißerischer Begriff, er ist sogar eher ein bisschen langweilig. Da gibt es viel modischere Begriffe, wenn man Leute vom Bierkonsum überzeugen will.“ Schließlich habe er sich aber entschieden: „Das lassen wir uns nicht so ohne Weiteres verbieten, schon gar nicht von einem Berliner Abmahnverein.“

Hat der lange Rechtsstreit ihm auch willkommene Aufmerksamkeit - vor allem Werbung - verschafft? „Das war nie unser Ziel“, sagt Härle. „Wir sind eine sehr lokal orientierte Brauerei, den Großteil unserer Biere verkaufen wir hier in der Region Allgäu-Oberschwaben. Da waren wir vorher schon bekannt - und jetzt vielleicht noch ein bisschen bekannter. Aber dass wir Kunden in Stuttgart oder Köln hinzugewonnen hätten, das sicherlich nicht.“

Allerdings werde er oft auf den Prozess angesprochen, sagt Härle. „Der Rückhalt ist überwältigend. Ich habe so gut wie keine negative Reaktion bisher bekommen, und die Zahl der positiven, ermutigenden Reaktionen geht in die Tausende.“ Neben Nerven habe der Gerichtsstreit vor allem Geld verbraucht: „Das ist zwischenzeitlich schon im mittleren fünfstelligen Bereich, was das Ganze kostet.“