Wie es mit Kaiser’s Tengelmann weitergeht, ist nun wieder völlig ungewiss. Foto: dpa

Keiner der Beteiligten im Übernahmepoker um die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann hat sich mit Ruhm bekleckert. Die Konsequenzen müssen nun die Beschäftigten tragen.

Stuttgart - Aus dem Stillschweigen, das sich die Streithähne bis zum 18. Oktober auferlegt hatten, ist schon Tage vor Ablauf dieser Frist ein schrilles Keifen und Zetern geworden. Der letzte Einigungsversuch zur Übernahme von Tengelmann ist gescheitert – und alle Beteiligten geben sich gegenseitig die Schuld dafür. Wer glaubt, dass es auch nur einem einzigen dieser Beteiligten am Tengelmann-Übernahmepoker vorrangig um das Wohl der Beschäftigten gegangen wäre, der irrt. Zu groß waren die primären Interessen der einzelnen Mitspieler: Edeka-Chef Markus Mosa ging es vor allem darum, sich Tengelmann vor allen anderen einzuverleiben, um die Marktmacht des Branchenführers nochmals auszubauen und damit die ohnehin hervorragenden Einkaufskonditionen gegenüber seinen Lieferanten weiter zu verbessern. Sein hartnäckigster Gegenspieler, Rewe-Chef Alain Caparros, bezweckte seinerseits den Abstand zur Nummer eins mit aller Macht verringern.

Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub wollte, nachdem er viele Jahre trotz hohen Verlusten stoisch am Geschäft festgehalten hat, nun vor allem ein schnelles Ende der Hängepartie – kostet ihn doch jeder Tag, an dem er das defizitäre Supermarktgeschäft weiterbetreibt, Geld, das er lieber in erfolgreichere Geschäftsmodelle wie Bekleidung (Kik), Baumärkte (Obi) oder Beteiligungen an Internetfirmen wie Zalando stecken möchte. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der Joker im Spiel, wollte gerne in die Rolle des vermeintlichen Retters von mehr als 15 000 Beschäftigten schlüpfen. Sein ungeschicktes Handeln im Zuge des Ministererlaubnisverfahrens und die bockige Reaktion auf den Entscheid des Oberlandesgerichts Düsseldorf ließen allerdings schnell Zweifel an den ehrenwerten Motiven des Ministers aufkommen. Mindestens mit einem Auge wird er auf die Parteibasis und die Wahlen im kommenden Jahr geschielt haben.

Für die Verhandlungspartner sind die Konsequenzen verschmerzbar

Nun stehen alle namhaften Zocker vor einem Scherbenhaufen, der für sie selbst verschmerzbar ist. Anders sieht die Sache für viele Betroffene aus: sie sitzen morgen schon wieder an der Kasse, räumen Regale ein oder füllen Bestelllisten aus. Und sie fragen sich mehr denn je, ob sie sich schon bald einen neuen Arbeitgeber suchen müssen. Mit der Perspektive auf eine ungewisse Übergangsphase und womöglich auch längere Arbeitslosigkeit dürfte es ihnen nur ein schwacher Trost sein, dass Verkäufer und Kassierer vielerorts in der Republik gesucht werden. Die Tengelmänner und -frauen wollten gar nicht pokern – und sind nun doch die traurigen Verlierer.