Derzeit gilt auf der B 29 Tempo 120. Ein Teil des Weinstädter Gemeinderats fordert eine Reduzierung auf 100 Stundenkilometer für Pkw, OB Oswald zudem höchstens 60 km/h für Lkw. Foto: Büttner

Für die lärmgeplagten Anwohner an der B 29 gibt es Hoffnung: Weinstadts OB Jürgen Oswald möchte das Thema Bundesstraße interkommunal anpacken. Von Tempo 100 hält er nicht viel, wohl aber von Tempo 80 oder 60 für Lkw und von Flüsterasphalt.

Weinstadt - Tempo 100 für alle Fahrzeuge bringt aus Sicht von Oberbürgermeister Jürgen Oswald nichts. Wenn die Geschwindigkeit auf der Bundesstraße von 120 auf 100 Stundenkilometer sinkt, dann gibt es zwar etwas weniger Lärm, aber aus Oswalds Sicht reicht das nicht aus. Weil es nicht mehr als drei Dezibel seien, die als Ersparnis herausspringen. Und da würde laut dem Weinstädter OB das Regierungspräsidium Stuttgart nicht mitmachen. Er sieht daher nur zwei Chancen, wie die Anwohner der B 29 entlastet werden können: durch Flüsterasphalt und ein Tempolimit für Lastwagen (entweder Tempo 80 oder sogar Tempo 60).

Beide Maßnahmen hat bereits der Lärmexperte vom Verkehrsclub Deutschland vorgeschlagen. Wenn ein Lastwagen nur noch 60 statt 80 Stundenkilometer fährt, schrumpft die Schallintensität um zehn Prozent. Das ist deutlich mehr als bei einer Reduzierung der allgemeinen Geschwindigkeit von 120 auf 100.

Ins Gespräch gebracht hat das Lärmproblem an der B 29 die Gemeinderatsfraktion der GOL (Grüne Offene Liste). Stadträtin Annette Rebmann hatte das Thema im Gemeinderat angesprochen, als es um den Lärmaktionsplan gegangen ist. Da ist ein großer Maßnahmenkatalog präsentiert worden, in welchen Straßen überall Handlungsbedarf besteht. Ganz vorne lagen die Ortsdurchfahrt von Beutelsbach, die Poststraße in Beutelsbach, die Schnaiter Ortsdurchfahrt (Lützestraße/Buchhaldenstraße), die Kleinheppacher und Grunbacher Straße in Großheppach sowie die Schorndorfer, Stettener, Waiblinger und Strümpfelbacher Straße in Endersbach. Die geladene Expertin Damaris Krines empfahl damals im Gemeinderat für diese Straßen Tempo 30, Flüsterasphalt und Lärmschutzfenster.

Aus den Messungen ging zwar ganz klar hervor, dass auch die Anwohner der Bundesstraße belastet sind, doch das wurde im Maßnahmenkatalog ausgeblendet. Eigentlich wollte dazu die Stadtverwaltung in der Gemeinderatssitzung Ende März eine Stellungnahme abgeben. Das ist indes nicht erfolgt. Nun allerdings hat Oberbürgermeister Jürgen Oswald doch noch Stellung bezogen.

Der OB will sich nach der Kommunalwahl am 25. Mai mit seinen Kollegen aus den Nachbarkommunen über eine gemeinsame Position verständigen. Dass die Anwohner der B 29 leiden, erkennt Oswald an: „Ich kann die Leute schon verstehen.“ Ihm selbst ist es laut eigenem Bekunden jedenfalls wichtig, die Menschen vor krank machendem Lärm zu schützen. Was den neuen Belag angeht, wird sich zwar noch in diesem Sommer etwas tun, doch den erhofften Flüsterasphalt wird es ohne politischen Druck wohl nicht geben.

Das Regierungspräsidium will lärmmindernden Splittmastixasphalt (SMA8S) verwenden. Das hat Pressesprecher Robert Hamm mitgeteilt. Richtiger Flüsterasphalt wäre teurer, zudem hält der Splittmastixasphalt länger. Flüsterasphalt muss meist nach sechs bis acht Jahren ausgetauscht werden. Vom Gesetz her muss das Regierungspräsidium nach Hamms Angaben nicht mehr unternehmen. Tempo 60 für Lastwagen ist laut dem Pressesprecher nach der Fahrbahnsanierung keine Pflicht. Das wäre es nur, wenn die Behörde gesundheitsgefährdenden Lärm feststellen würde gemäß der Bundesimissionsschutzverordnung. Warum dann auf der ebenfalls in beide Fahrtrichtungen zweispurigen B 10 im Neckartal Tempo 60 für Lkw durchgesetzt wurde, konnte Robert Hamm nicht beantworten.