Die Umgestaltung der nördlichen Bahnhofstraße beginnt im Frühjahr 2017. Foto: Stadt Fellbach

Im Frühjahr 2017 beginnt in Fellbach der einjährige Versuch mit 30 km/h und Radlern auf der nördlichen Bahnhofstraße.

Fellbach - Baubürgermeisterin Beatrice Soltys war zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich anzumerken, dass sie nach jahrelangen Diskussionen, endlosen Argumentationsketten und zahllosen Präsentationen in den diversen Ausschüssen einen Knopf an die Sache machen will. Und so kommt’s denn auch: Mit letztlich doch überraschend klarer Mehrheit von 19 Simmen (durch CDU und SPD) bei sieben Gegenvoten und zwei Enthaltungen wurde der zwölfmonatige Test in der nördlichen Bahnhofstraße beschlossen.

Wer will, darf weiter auf dem jetzigen Radweg direkt neben dem Gehweg radeln

Dazu gehören zwei wesentliche Bestandteile: zum einen die Verlagerung der Radfahrer auf die Straße. „Der Radverkehr wird regelkonform im Mischverkehr auf der Straße geführt.“ Allerdings gibt es eine Einschränkung: In jenen zwölf Monaten „bleibt jedoch auch die Nutzung der Seitenräume möglich“ – sprich: Wer will, darf weiter auf dem jetzigen Radweg direkt neben dem Gehweg in die Pedale treten.

Zweiter Punkt: Um den Radlern auf der Bahnhofstraße mehr Schutz zu gewähren, kommt die „modellhafte Umsetzung von Tempo 30“ zwischen Stuttgarter Platz und der Bahnunterführung. Angegangen werden soll damit in ersten Schritten jene Grundproblematik, nämlich dass die nördliche Bahnhofstraße als ein „gefährlicher Verkehrsraum“ wahrgenommen wird, da es zu viele Nutzungen auf zu engem Raum gibt. Als „sinnvolle Alternativen“ für den Radverkehr werden im Übrigen Fahrradstraßen in den Parallelstraßen angelegt.

Beginnen wird der Modellversuch im frühen Frühjahr 2017

Beginnen wird der Modellversuch, wie Beatrice Soltys auf Nachfrage erläutert, „im frühen Frühjahr 2017“. Demnach dürfte die Einführung von Tempo 30 „zunächst durch Beschilderung“ vermutlich im Februar erfolgen. Die Auswirkungen der Tempobremse in dieser zentralen Fellbacher Nord-Süd-Achse auf den Nahverkehr, also auf die Omnibusse, werden auf der Gesamtstrecke als „marginal“ eingestuft, „da heute schon vielfältige Stopps die erreichbare Maximalgeschwindigkeit begrenzen“.

Auch die Stuttgarter Straßenbahnen AG bestätigt, das die Busse derzeit keine Geschwindigkeiten über 40 km/h erreichen – langsamer soll es nach SSB-Empfehlung aber auch nicht sein, da es sonst zu Verzögerungen im Betriebsablauf komme. Ob das nun trotz Tempo 30 funktioniert, soll ebenfalls im einjährigen Beobachtungszeitraum geprüft werden. Soltys’ klare Aussage: „Die Anschlüsse an die S-Bahnen müssen jedenfalls gewährleistet sein.

In der Diskussion konstatierte Klaus Auer, Stadtrat der Freien Wähler/Freien Demokraten, zugleich Leiter des Fellbacher Polizeireviers, erneut, dass die Diskussion „mehr von Ideologie als von Sachverstand getragen“ sei. Er kritisierte, dass „die sinnvolle Herangehensweise umgekehrt wurde“. So müsse doch zunächst die Frage gestellt werden: „Bleibt sie nun Einkaufsstraße oder nicht?“ Wenn nun zudem die Fahrräder doch weiter auf dem bisherigen Radweg erlaubt seien, zugleich Einzelhändler und Gastronomen sich mit Mobiliar und sogenannten Straßenstoppern, also Werbetafeln, ausdehnen dürften, dann werde die für den Geh- und Radverkehr verbleibende Fläche ja noch kleiner als bisher. „Das birgt neues Konfliktpotenzial.“ Auer verlieh zudem seiner „persönlichen Enttäuschung“ Ausdruck, „wie leichtfertig von allen Seiten – damit meine ich Stadtverwaltung und Gemeinderat – mit dem Argument der Hilfs-, Einsatz- und Rettungskräfte umgegangen wurde“.

CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth hingegen sprach von einem „akzeptablen Vorschlag

CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth hingegen sprach von einem „akzeptablen Vorschlag, ich bin sehr optimistisch“. Er verwies auf die Verbesserungen in Schwäbisch Gmünd, wo durch eine ähnliche Regelung statt der „früheren Raserei“ mittlerweile Fußgänger, Autos, Radler „ein sehr angenehmes Miteinander“ hätten. Allerdings müsse in der Bahnhofstraße künftig die „Aufenthaltsqualität entscheidend verbessert werden, dass man die Plätze qualitativ aufwertet und zugleich Parkplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung stellt“.

Sein CDU-Fraktionskollege Erich Theile, Juwelier, Goldschmiedemeister und Anwohner der Bahnhofstraße, ergänzte: „Wir haben in dieser Straße auch Menschen, die dort leben. Die haben es genauso verdient, dass sie etwas mehr Ruhe haben; ich hoffe auf etwas mehr Verständnis, als es heute teilweise an den Tag gelegt wurde.“

Die AfD spricht sich gegen den Modellversuch aus

Klar gegen den Modellversuch sprach sich Andreas Zimmer (parteilos) aus. „Wir lassen ja weiterhin der Radverkehr auf dem Gehweg zu“, dabei sei doch eigentlich Ziel, diesen auf die Straße zu bringen. „Sonst kriegen wir ja kein vernünftiges Ergebnis, da können wir evaluieren, so viel wir wollen.“ Sein vernichtendes Urteil: „Diese Vorlage ist ein Schildbürgerstreich.“