Die Telekom & Co. investieren in Filme, um mehr Kunden zu binden. Die Dienste müssen auch problemlos mobil verfügbar sein. Foto: dpa

Der US-Telekom-Riese AT&T will für rund 109 Milliarden Dollar das Medienhaus Time Warner schlucken. Könnte Ähnliches auch in Deutschland geschehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Stuttgart - Warum greift AT&T nach Time Warner?
Time Warner zählt neben Disney und 21st Century Fox zu den größten Unterhaltungsgiganten der USA. Neben dem berühmten Hollywood-Studio Warner Bros. gehören zahlreiche TV-Programme wie das Nachrichten-Flaggschiff CNN oder der populäre Bezahlsender HBO („Game of Thrones“) zu dem Konzern. Mit dem Kauf will sich der Telekom-Riese Inhalte sichern und sein Geschäft auf eine breitere Basis stellen, mehr Umsatz erzielen und Kunden enger binden. Hintergrund ist, dass der Mobilfunkmarkt in vielen Ländern gesättigt ist und die Wachstumsraten vergangener Tage passé sind. AT&T-Chef Randall Stephenson sprach von einer „perfekten Verbindung von zwei Firmen mit komplementären Stärken“. Mit den Inhalten werde AT&T mehr Optionen haben, um Werbekunden anzulocken.
Wie wahrscheinlich ist der Kauf?
Das ist noch völlig offen, denn es gibt Widerstand in der Politik. Die beiden Präsidentschaftsanwärter Hillary Clinton und Donald Trump äußerten wettbewerbsrechtliche Bedenken. Aus beiden Lagern wurden Warnungen vor einer Konzentration im Medien- und im Telekomgeschäft in den USA laut. Um am Ende grünes Licht für den Deal zu bekommen, wird AT&T womöglich große Zugeständnisse machen müssen. Denn es wird mit einer sehr intensiven Kartellprüfung gerechnet. Comcast musste seinerzeit für den Kauf von NBC Universal 150 Auflagen zustimmen, etwa Abstrichen bei der Beteiligung Hulu und der Zusage, NBC-Programme auch konkurrierenden Streaming-Diensten zugänglich zu machen.
Was sind in Deutschland die Probleme der Telekommunikationsfirmen?
Auch sie profitieren kaum noch von ihrem Kerngeschäft. Der Umsatz mit der mobilen Telefonie stagniert, immer mehr Kunden nutzen Messenger-Dienste wie Whatsapp nicht nur zum Versenden von Bildern, sondern auch zum Telefonieren. Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia bieten in der Fläche oft ein schnelleres Internet und auch Fernsehen an. Mit der Abschaffung des Roamings im Juni 2017 in der EU entgehen Telekom & Co wichtige Einnahmen.

Nur wer alles bietet, kann die Kunden binden

Was sind die Strategien?
Eine der Strategien ist, mehr Inhalte anzubieten, um den Umsatz zu steigern und die Kunden zu binden. Aus diesem Grund hat das britische Mobilfunkunternehmen Vodafone Kabel Deutschland übernommen. Die Deutsche Telekom wirbt mit dem Fernsehangebot Entertain. Telefónica produziert sogar eigene Serien. Dass es aber in Deutschland zu größeren Übernahmen von Medienunternehmen kommt, gilt als höchst unwahrscheinlich. Telekom und Telefónica rüsten sich mit der Fernseh-Offensive eher gegen die Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia. Auch diese bieten Festnetz, Internet, Fernsehen und Mobilfunk an – letzteres teils in Kooperation.
Warum ist dabei das mobile Fernsehen so wichtig?
Auf Inhalte und Dienstleistungen im Internet wird immer häufiger von unterwegs zurückgegriffen – sei es von der Straßenbahn, Hotelzimmern oder Einkaufspassagen aus. Videos boomen am stärksten. Von überall werden sie über Dienste wie Whatsapp versendet oder auf Plattformen wie Youtube geteilt. Dass Sendungen auch überall und zeitunabhängig empfangen werden können, gilt vor allem für die jüngeren Nutzer als Selbstverständlichkeit. Auch deshalb wachsen Online-Videotheken wie Netflix oder Maxdome so rasant. Wer diese Zielgruppe für sich gewinnen will, muss nicht nur die nötige Übertragungsgeschwindigkeit, sondern auch die Inhalte dafür bieten – und das möglichst einfach und
zuverlässig.
Was ist der Haupttrend in Deutschland?
„Der Trend geht zur Konvergenz. Man muss heute alles aus einer Hand anbieten können“, sagt Bettina Deuscher, Analystin für Telekommunikation und Medien bei der LBBW. Das heißt auch, dass man die Inhalte auf allen Geräten sehen will – sei es Fernseher, Laptop oder Smartphone.
Was bedeutet das für die Kunden?
Diese könnten von einer verbesserten Netzqualität und mehr Service profitieren. Es wird wohl einfacher sein, von allen Geräten aus auf Filme zuzugreifen. Die zu erwartende steigende Netzqualität mit fortschreitendem Netzausbau dürfte steigende Preise mit sich bringen, heißt es bei der LBBW.
Was ist die Strategie der Deutschen Telekom?
Viele Kunden haben ihre Festnetzanschlüsse beim einstigen Monopolisten behalten. Die Telekom will vor allem mit der Netzqualität punkten. „Sie will Marktführer bei der Technologie sein und zusätzlichen Einnahmen erzielen“, sagt LBBW-Analystin Deuscher. So bietet sie Firmen auch Zahlungsabwicklungen an und bietet Speicherplätze und Dienstleistungen im Internet an, das sogenannte Cloud Computing.