Hunderte Taxis füllen am Donnerstag den Marktplatz Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Taxibranche hat am Donnerstag ernst gemacht mit ihrer Streikdrohung. Von 13 Uhr an sind keine Fahrten mehr vermittelt worden, ein kilometerlanger Protestzug rollte zum Rathaus. Grund ist der eskalierte Streit um die Stellplätze am Volksfest. Die Stadt will nun reden.

Stuttgart - Um 17.15 Uhr brandet lauter Jubel auf dem Marktplatz auf. Rund 300 Taxifahrer haben sich dort mit ihren Autos versammelt, die Schlange reicht zurück bis zum Charlottenplatz, die Zufahrtsstraßen sind verstopft. Der Verkehr in der Innenstadt bricht laut einem Polizeisprecher komplett zusammen. Und jetzt kommt der Mann zu den Fahrern heraus, den sie zuvor mit lauten Sprechchören gefordert haben: Oberbürgermeister Fritz Kuhn. „Die Stadt hat Interesse daran, mit Ihnen in einen vernünftigen Austausch zu kommen“, verspricht er per Megafon. So schnell wie möglich soll eine Delegation mit Vertretern der Verwaltung zusammensitzen.

Dass dieser Nachmittag gütlich endet, ist lange nicht abzusehen. Zunächst zeigt sich Kuhn nur am Fenster. Kurz darauf werden die Rathaustüren verschlossen. Das quittieren die Taxler mit wütenden Protesten. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Bernd Klingler ergreift daraufhin das Wort: „Da sieht man, wie die Grünen mit den Bürgerrechten umgehen.“ Er verspricht als Aufsichtsratsmitglied der in.Stuttgart, die den Wasen organisiert, das, was die Taxler hören wollen: „Wir brauchen wieder einen Taxistand in der Mercedesstraße.“

Das Ordnungsamt ist da anderer Meinung. Die Mercedesstraße bleibt während des Volksfests aus Sicherheitsgründen für Taxis tabu. „Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass das so nicht geht, auch im Sinne der Kunden“, sagt Murat Arslan, Vorsitzender der Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart. Die Stadt habe alle Vorschläge abgelehnt. Stattdessen wiesen in.Stuttgart und Verwaltung regelmäßig darauf hin, dass zu wenige Taxis den Wasen anfahren und die Schuld bei der Vermittlungszentrale liege. Die macht daraufhin am Donnerstag um 13 Uhr Schluss mit der Vermittlung von Fahrten und bestreikt auch das Volksfest. Nur medizinische Fahrten laufen wie gewohnt.

Der Wasen allerdings ist nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Branche wirft der Stadt generell vor, sie im Stich zu lassen. So gebe es an den neuen Einkaufszentren Gerber und Milaneo keine Taxiplätze. „Es reicht. Die Stadt sollte ihre Hausaufgaben machen und uns bei Entscheidungen einbeziehen“, sagt Arslan.

Bei den anderen Beteiligten hält sich das Verständnis für die Streikaktion in Grenzen. „Wir verstehen das nicht. Die Verwaltung behandelt die Taxifahrer nicht schlecht“, sagt Hermann Karpf, Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. So habe man bereits angekündigt, neue Wettbewerber wie den Fahrdienst Uber verbieten zu wollen, sobald sie in Stuttgart auftauchten, was bisher noch nicht geschehen sei.

Bei einem gemeinsamen Gespräch in der vergangenen Woche seien sich alle einig gewesen, dass man das Taxigewerbe gemeinsam weiterentwickeln müsse, sagt Karpf. Man stehe in regelmäßigem Austausch mit der Branche. „Wir müssen langfristig die Leistungsfähigkeit verbessern, deshalb haben wir ja auch ein Gutachten in Auftrag gegeben“, so Karpf. Diese Studie kam zum Ergebnis, dass es der Branche in Stuttgart schlecht geht und die Zahl der Taxis verringert werden muss. „Wir haben angefangen, schwarze Schafe auszusortieren, das hilft der gesamten Branche“, sagt Karpf. Im Ordnungsamt liegt zudem derzeit der Antrag der Taxi-Zentrale, die Tarife in der Stadt um 20 Prozent zu erhöhen. Er hat gute Chancen, durchzukommen.

Vor diesem Hintergrund fehlt der Stadtverwaltung ein handfester Grund, weshalb die Taxler sich beklagen. Die Demonstration am Donnerstag sei in Ordnung, heißt es dort, es dürfe aber nicht zu wiederholten Streiks kommen. Karpf weist schon einmal darauf hin, dass „Taxi-Unternehmen eine Beförderungspflicht haben“. Es sei „heftig, wenn man der nicht mehr nachkommt“. Die Taxibranche müsse jetzt von der Verweigerungshaltung zurück zu einer sachlichen, konstruktiven Ebene kommen.

Auch bei der in.Stuttgart ist man nicht erfreut über die Boykottierung des Wasens am Donnerstag. „Für diesen Streik haben wir kein Verständnis“, sagt Sprecher Jörg Klopfer. Man sei sich einig gewesen, gemeinsam nach besseren Lösungen am Volksfest zu suchen. So ist zum Beispiel ein Stand auf dem Wasen-Parkplatz im Gespräch, wenn es kein Landwirtschaftliches Hauptfest gibt.

Jetzt sollen die nächsten Gespräche einen Durchbruch bringen. Der lautstarke Protest jedenfalls ist nicht ungehört verhallt.