Mitglieder der Bürgerinitiative Pro-Tauschwald haben dem Projekt am Tauschwald in der Sitzung des Gemeinderats die rote Karte gezeigt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Bürgerinitiative Pro-Tauschwald gibt sich nach der Gemeinderatssitzung kämpferisch.

Stuttgarter Norden - Die beiden Windräder am Tauschwald sind noch nicht vom Tisch. Am Donnerstag stimmten die Stadträte mit hauchdünner Mehrheit dem Verwaltungsvorschlag zu, zumindest einmal zu prüfen, ob es im Waldgebiet zwischen Feuerbach, Weilimdorf und Botnang überhaupt möglich ist, zwei Windkraftanlagen zu bauen. Ob im weiteren Verfahren alle notwendigen Genehmigungen erteilt werden, ist ungewiss. Ausschlusskriterien könnten der Denkmal-, Arten-, Landschafts- oder Immissionsschutz liefern.

Für die Mitglieder der Bürgerinitiative Pro-Tauschwald wäre keine weitere Prüfung notwendig gewesen. „Ich hatte gehofft, dass der Gemeinderat am Donnerstag von diesem toten Pferd absteigen würde“, sagt Jens Rygol, ein Sprecher der Bürgerinitiative. „Wir haben aber nur eine Etappe verloren. Ich denke, dass unsere Einwände noch stechen werden. Es gibt genug Totschlagargumente, die gegen dieses Projekt sprechen.“ Der Tauschwald gelte beispielsweise als geschützter Erholungswald und diene zudem sowohl dem Klimaschutz als auch dem Immissionsschutz. Des Weiteren sei im Bereich der geplanten Anlagen der Wespenbussard zu finden. „Dort, wo er vorkommt, wurde in Baden-Württemberg noch nie ein Windrad gebaut“, sagt Rygol.

Stadtwerke betonen: Standort ist wirtschaftlich

Die Ergebnisse des schon vorliegenden Artenschutzgutachtens sind auch für die Weilimdorfer Stadträtin Clarissa Seitz (Bündnis 90/Die Grünen) das Hauptargument, warum sie auf eine weitere Prüfung verzichten kann. Anders als ihre 13 Fraktionskollegen stimmte sie am Donnerstag dem Start des Genehmigungsverfahrens nicht zu: „Das fällt mir nicht leicht. Ich habe zwei Jahre für die beiden Anlagen geworben. Aber seit dem Endbericht des Artenschutzes lehne ich den Standort ab.“ Um dem einzigen noch in Frage kommenden Standort für Windkraftanlagen in Stuttgart aber schon zum jetzigen Zeitpunkt den Garaus zu machen, hätte noch ein weiterer Stadtrat von Bündnis 90/Die Grünen, SPD oder SÖS-Linke-Plus den Start des Genehmigungsverfahrens ablehnen müssen. Die AfD hatte die Hoffnung, dass es bei einer geheimen Wahl einem Stadtrat vielleicht leichter fallen würde, die Vorlage der Stadtverwaltung nicht mitzutragen. „Ich appelliere an alle, die dort wohnen und sich sonst für jeden Baum einsetzen“, sagte der AfD-Stadtrat Bernd Klingler. Vor allem in der Weilimdorferin Gabriele Munk (Grüne) sahen die Tauschwald-Kritiker eine potenzielle Verbündete. Doch nachdem sie – wie fast der gesamte Gemeinderat – gegen eine geheime Abstimmung votiert hatte, stimmte sie auch der Vorlage zu. „Es ist schon so, dass ich mir das reiflich überlegt habe, wie ich zum jetzigen Zeitpunkt abstimme“, sagte Munk auf Nachfrage unserer Zeitung. „Letztendlich habe ich mich für ein ergebnisoffenes Verfahren entschieden. Und ergebnisoffen ist keine leere Worthülse.“ Sie sei Ingenieurin und treffe ihre Urteile gerne anhand von Fakten. „Jetzt wird alles geprüft. Schauen wir, was dabei rauskommt“, sagt Munk. Voraussichtlich Mitte 2016 wird der Gemeinderat dann endgültig entscheiden, ob das Vorhaben am Tauschwald tatsächlich realisiert wird oder eben nicht.

„Der Beschluss des Gemeinderats ist sehr erfreulich“, sagte Michael Maxelon, der Geschäftsführer der Stadtwerke Stuttgart. „Der Windenergiestandort im Tauschwald ist wirtschaftlich und kann einen signifikanten Beitrag zur urbanen Energiewende in Stuttgart leisten.“ Das unabhängige Genehmigungsverfahren werde im Kern ein Interessensausgleich sein zwischen den zahlreichen berechtigten Ansprüchen von Mensch, Natur und Umwelt auf der einen Seite und den Erfordernissen der Energiewende auf der anderen Seite.