Ermitteln in Dresden: Heni Sieland (Alwara Höfels, li.) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) Foto: MDR

In seinem dritten Fall zieht es das Tatort-Team aus Dresden ins Internet, genauer: die Welt der Youtube-Stars. „Level X“ scheint dennoch wie mit einem antiquierten Modem hochgeladen: Es quietscht, rattert und dann stürzt die Kiste ab.

Dresden - Simson ist 17 Jahre alt und ein Internet-Star. Ein Prankster. Das ist neudeutsch und bedeutet: Er spielt seinen Mitmenschen derbe Streiche und überträgt das live ins Internet. Sein letzter Coup: Er filmt mit einer Drohne örtliche Rocker beim Biersaufen und auf der Toilette – während seine devoten Fans das in Echtzeit im Netz beklatschen und richtig „nice“ finden.

Schlecht für die berufliche Zukunft Simsons: er wird dabei auf offener Straße und vor laufender Kamera erschossen. Achtung Spoiler: Der Rockerverein war es nicht.

Das Ermittlerteam Henni Sieland (Alwara Höfels), Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Kommisariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) werfen sich also kopfüber in die Welt der Youtube-Stars, Clickrates und digitalen Eitelkeiten. Und da scheint jede Menge, äh, Traffic: Fast wie am Fließband erarbeiten sie sich neue Verdächtige: das Youtuber-Fangirl Emilia Kohn (Caroline Hartig), ein merkwürdiger Arzt, den aspirierenden Internet-Star Scoopy (Wilson Gonzales Ochsenknecht) oder Magnus Cord (Daniel Wagner) – Simsons ruchlosen Manager. Den spielt Daniel Wagner mit offensichtlicher Freude, allerdings auch derart überzogen, dass fast der Fernseher explodiert, wenn er sich zwischen vollbärtigem Riesenbaby, Mafiapaten, Sektenguru, nervtötendem Start-Up-CEO und berufsjugendlichem Vollidioten austobt.

Über einen denkbar kleinen Kamm gebürstet

Besonders der knorrige Hauptkommissar Peter Michael Schnabel stößt da in die Grenzen seiner Lebensrealität – wie so einer, der noch immer denkt, dass sich „das mit diesem Internet“ nie durchsetzen wird. Katrin Gorniak ist da schon etwas weiter: Ihr Sohn Aaron sitzt auch noch spätabends im Schein der Laptop-Beleuchtung am Essenstisch. Die resolute Henni Seeland wiederum loungt dekorativ auf ihrer Couch und pflegt ihren Liebeskummer.

Nun krankt „Level X“ an etwas, an dem auch andere Tatort-Episoden bereits scheiterten: dem Moralisieren und inhaltlichen Verknappen für größtmögliche Griffigkeit und Zielgruppen-Reichweite. Ob Hooligan-Kultur oder hier nun das Internet: Wo ständig alles über einen denkbar kleinen Kamm gebürstet wird, ist klar, dass jemand Haare lassen muss. Diese Episode scheint davon auszugehehn, dass die „Generation Youtube“ zu 99 Prozent aus Vollidioten besteht und sich bereitwillig melken lässt. Auch deswegen hört man hier förmlich den ARD-Programmdirektor rufen: „Ey, Leude, lasst uns mal was Nices für die Kidz machen. Irgendwas mit Internet.“