Bernhard Eusterschulte inszeniert im Ost „Kill Dad“ Foto: Schestag

Die freie Theatergruppe Tart Produktion bringt mit „Kill Dad“ ein generationenübergreifendes Projekt auf die Bühne. Regisseur Bernhard Eusterschulte sagt, wie er Texte des Stuttgarter Autors Tomo Pavlovic und Auftritte von Chorsängern verbindet.

Stuttgart - Herr Eusterschulte, Sie inszenieren in der Spielstätte Ost „Kill Dad“. Ist der Titel Programm: Soll ein Vater getötet werden?

Das Stück versucht, sich dem Verhältnis der Generationen am Beispiel der Vater-Sohn-Beziehung zu nähern. Vielleicht kann man den Vatermord als Extremfall des Misslingens im Dialog der Generationen bezeichnen.
Wie kann man es denn am ehesten klassifizieren? Ist es ein Drama, ein Krimi?
Ich denke, „Kill Dad“ ist weder ein Drama noch ein Krimi. Eher wirft es Spots auf das Miteinander der Generationen und das familiäre Konfliktpotenzial, in dem der Vatermord trotz aller Erklärungsversuche ein blinder Fleck bleibt.
Es steht auch ein Chor auf der Bühne. Wie darf man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Wir haben die Choristen, Angehörige der Musikakademie für Senioren Baden-Württemberg e. V. und der Markuskantorei Stuttgart, zum Verhältnis der Generationen interviewt und ihre Antworten in den Text von Tomo Pavlovic eingearbeitet. Und wir haben uns gefragt: Vor wem spielt die Vater-Sohn-Beziehung? Der Chor vertritt als hervorgehobene Gruppe gegenüber dem Publikum die generationsspezifischen Perspektiven der heute über 65-Jährigen. Die Antworten der Interviews zeigen: Wie das Publikum ist auch der Chor keine einheitliche Gruppe.
Warum beschäftigen Sie sich gerade mit einem Vater-Sohn- und nicht etwa mit einem Tochter-Mutter-Konflikt?
In dem Projekt „My Generation I / Kill Dad“ konzentrieren wir uns auf die Vater-Sohn-Beziehung. Zweifellos spielt die Mutter in der Vater-Sohn-Beziehung eine wichtige Rolle, und wir geben ihr auch eine Stimme. Aber sie steht nicht im Mittelpunkt. Der Mutterrolle und der Mutter-Tochter-Beziehung wollen wir uns in einem der geplanten Folgeprojekte der Reihe „My Generation“ annehmen.
Wie erklären Sie sich, dass es gerade zwischen Eltern und Kindern zu solchen Spannungen kommt? Großeltern und Enkel zum Beispiel vertragen sich oft besser, warum wohl?
Da ich selber keine Kinder habe, kann ich auf diese Frage vermutlich nicht kompetent antworten. Ich habe Achtung vor der Herausforderung der Erziehung und bin doch ihr gegenüber voller Skepsis. Wie kann man ein Individuum erziehen, das sich selbst erst kennenlernen muss? Die Generation der Großeltern kann aus der Erfahrung einen entspannteren Blickwinkel einnehmen und auch Einfluss ausüben.
Glauben Sie, dass auch Eltern in Bezug auf ihre Kinder manchmal „Ich bring ihn um“ denken?
Nun, da auch Fälle bekannt sind, in denen Eltern ihre Kinder umgebracht haben oder doch zumindest die Absicht hatten, nehmen wir „Hänsel und Gretel“, gehe ich davon aus, dass sie den Gedanken dazu auch gehabt haben.
Gegenüber den Eltern hat man Achtung, sagt man – fürchten Sie, dass Ihnen Respektlosigkeit dem Alter gegenüber vorgeworfen wird?
Das Projekt ruft ja nicht zum Vatermord auf. Im Gegenteil, es plädiert für das Miteinander und für Räume, die den Dialog unterschiedlicher Erlebnis- und Erfahrungshorizonte erlauben. Die Frage ist nur, wie kann man die herstellen. Wir haben kürzlich in einem Gespräch unserer Recherche die Demografie-Lotsin Frau Jutta Schüle kennengelernt, deren ehrenamtliches Engagement für das Miteinander der Generationen uns sehr beeindruckt hat.
Nach all Ihren Recherchen – was ist die bessere Möglichkeit, mit Konflikten umzugehen? Zur Schusswaffe zu greifen ist ja keine Lösung.
Sicher ist jede Konfliktlösung besser als eine gewaltsame. Werfen wir allerdings einen Blick auf die aktuellen politischen Krisenherde, dann gewinnt man den Eindruck, dass diese Einsicht abnimmt.

Premiere von „Kill Dad“ ist am 10. März um 20 Uhr im Ost, der Spielstätte der freien Theater (Landhausstraße 188/1). Kartentelefon: 07 11 / 83 88 28 43 oder per E-Mail: karten@ost-stuttgart.com