Bisher haben sich die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst zurückgehalten – nun sollen die ersten echten Warnstreiks folgen. Foto: dpa

Die Gewerkschaften weiten ihre Proteste in der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes aus – demnächst auch in der Region Stuttgart. Die dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen Ende April könnte bereits die entscheidende sein.

Stuttgart - Nach ersten kleineren Protesten macht Verdi im öffentlichen Dienst Ernst: Nun stehen die ersten Warnstreiks in Baden-Württemberg an. Am kommenden Dienstag soll der Nahverkehr in Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden bestreikt werden, um die Tarifrunde zu forcieren. Die Region Stuttgart ist dem Vernehmen nach erst in der zweiten Hälfte der übernächsten Woche an der Reihe. Davon werden auch alle großen Bereiche wie die Kitas, der Nahverkehr, die Müllabfuhr und zum Teil die Kliniken tangiert sein. Bis dahin soll in den Regionen Baden-Württembergs dezentral und jeweils in den unterschiedlichen Bereichen gestreikt werden.

Am 28. und 29. April stehen in Potsdam zudem weitere Verhandlungen an. Verdi zeigt sich prinzipiell einigungsbereit. Somit könnte diese dritte Runde bereits die entscheidende sein. Bisher sind keine weiteren Verhandlungstermine geplant. Als Möglichkeit, um dann bereits eine Verständigung zu erzielen, wird allerdings eine Verlängerung bis in den Samstag, 30. April, hinein erwogen. Eine Ausdehnung bis Sonntag ist wegen des Maifeiertages nicht denkbar.

Gut 1,8 Prozent als Lohnangebot errechnet

Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Runde am vorigen Dienstag ein Lohnangebot für die 2,14 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen gemacht. Demnach sollen die Gehälter am 1. Juni 2016 um ein Prozent und ab 1. Juni 2017 um zwei Prozent steigen. Aus Verdi-Sicht bedeutet dies lediglich eine Gesamtsteigerung von gut 1,8 Prozent über die 24-monatige Laufzeit betrachtet: 0,6 Prozent im ersten Jahr wegen diverser „Nullmonate“ plus 1,2 Prozent im zweiten Jahr. Damit bewege man sich im Bereich der prognostizierten Preissteigerung – viel zu wenig, befindet ein Gewerkschaftssprecher: „Das Geld für höhere Löhne ist locker da“, sagte er im Hinblick auf die Milliardenüberschüsse der öffentlichen Kassen. Dies sei die erste Tarifrunde seit vielen Jahren, wo es etwas zu verteilen gebe. „Nie waren die Bedingungen besser.“

Als Knackpunkt der Verhandlungen könnte sich die betriebliche Zusatzversorgung erweisen. Bisher bestehen die kommunalen Arbeitgeber auf einer einseitigen Steigerung der Arbeitnehmerbeiträge von bisher 0,15 Prozent im Südwesten auf 0,4 Prozent des Bruttolohns. Auch die neue Entgeltordnung ist noch umstritten: Beide Seiten wollen die langjährigen Verhandlungen darüber zwar abschließen, doch ist offen, inwieweit die Mehrkosten kompensiert werden.