Älteren Arbeitnehmern soll nach dem Willen der Gewerkschaften der Übergang in die Rente erleichtert werden Foto: dpa

Flexibel in die Rente: Darauf schießen sich zurzeit zwei der größten deutschen Gewerkschaften ein. Doch die IHK Region Stuttgart warnt: Die Lebensarbeitszeit müsse steigen.

Flexibel in die Rente: Darauf schießen sich zurzeit zwei der größten deutschen Gewerkschaften ein. Doch die IHK Region Stuttgart warnt: Die Lebensarbeitszeit müsse steigen.

Berlin/Stuttgart - Die Diskussion um flexible Arbeitszeiten im Alter haben auch die kommenden Tarifverhandlungen erreicht: Eine Drei- oder Vier-Tage-Woche für Beschäftigte ab 60 Jahren gehört für die Gewerkschaft IG BCE zu den zentralen Forderungen der Arbeitnehmer der Chemiebranche. „Die Belastungen der Älteren müssen spürbar verringert werden. Generell erfährt das Thema Gesundheit in den Betrieben noch allzu oft zu wenig Beachtung, das wollen wir ändern“, sagte Gewerkschaftschef Peter Hausmann am Mittwoch. Drei- und Vier-Tage-Wochen seien „keine Utopie“.

Die Tarifkommission der IG BCE hatte kurz zuvor über Eckpunkte für die Tarifrunde 2015 beraten. Eine Forderung ist, dass Beschäftigte von der gesetzlichen Rentenkasse eine Teilrente und vom Betrieb einen Lohnausgleich erhalten sollen, wenn sie früher aus einem Vollzeit-Job ausscheiden. „Wir wollen einen Lohnausgleich, damit Arbeit für die Beschäftigten attraktiv bleibt. Hilfreich wäre es, wenn der Gesetzgeber eine Teilrente ab 60 möglich machen würde“, sagte Hausmann.

Das Thema Arbeitszeit soll auch in der Metall- und Elektroindustrie eine Rolle spielen. Die IG Metall kündigte an, bei der zum Jahreswechsel anstehenden Metall-Tarifrunde neben höheren Löhnen neue Arbeitszeitmodelle durchsetzen zu wollen. Die IG Metall fordert flexible Ausstiegsoptionen, vor allem für besonders Belastete und Geringverdiener. Die Forderungen werde man vehement durchsetzen. „Die wirtschaftliche Lage der Metall- und Elektroindustrie ist gut. Wer jetzt Bescheidenheit fordert, will den Beschäftigten den gerechten Anteil an der erbrachten Leistung vorenthalten“, sagte Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg.

Die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart mahnte zur Umsicht. Mit Blick auf den Fachkräftemangel und die Versicherungssysteme sei es am wichtigsten, die Lebensarbeitszeit zu verlängern. „Alles, was das durchschnittliche Rentenalter erhöht, ist dienlich“, sagt Bernd Engelhardt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart. „Es gibt aber ebenso wichtige Herausforderungen. Wir brauchen mehr Fachkräfte. Dafür müssen die Unternehmen die Aus- und Weiterbildung stärken und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Außerdem muss der Gesetzgeber die Zuwanderung erleichtern.“

Die Möglichkeit, weniger zu arbeiten und mit Abschlägen früher Rente zu kassieren, gibt es grundsätzlich seit 1992. Die bisherige Regelung für eine solche Teilrente gilt aber als kompliziert und unflexibel.