Die bunten Klebestreifen sollen bei Sportverletzungen helfen. Foto: Fotolia

Immer mehr Hobby-Sportler bekämpfen Verletzungen mit bunten Tapes. Doch die Wirkung ist umstritten.Was bringt K-Taping wirklich?

Immer mehr Hobby-Sportler bekämpfen Verletzungen mit bunten Tapes. Doch die Wirkung ist umstritten.

Stuttgart - Lena Schmidt und Lena Gscheidle haben nicht nur denselben Vornamen, sondern auch dasselbe Hobby. Beide spielen im Verein Volleyball und haben mit Bänderrissen und Rückenschmerzen zu kämpfen. Ihr Mittel dagegen: kinesiologisches Taping, kurz K-Taping. Hinter dem kryptischen Namen verbergen sich bunte Streifen, die direkt auf die Haut geklebt werden. Leistungssportler weltweit tragen die Tapes bereits seit Jahren bei Weltmeisterschaften oder bei den Olympischen Spielen.

Inzwischen ist die Therapie mit den dehnbaren Tapes auch im Breitensport und in der Rehabilitation angekommen. Physiotherapeuten und Sportmediziner kleben die Streifen an Knie, Rücken und Nacken von Patienten aller Altersstufen und mit unterschiedlichsten Beschwerden. Kritiker des Tape-Booms bemängeln allerdings, dass bisher keine wissenschaftliche Studie die Wirksamkeit der Tapes nachweisen konnte.

Das ist auch den Verfechtern der TapingMethode bewusst. Bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Volkshochschule zum Thema waren sich Sportmediziner Wolfgang Herb und Taping-Spezialist John Langendoen einig: K-Taping kann nur eine ergänzende Methode sein und keine verletzungsbedingte Therapie ersetzen. Langendoen: „Ich nutze Taping, um eine Therapie zu unterstützen und den Therapieeffekt zu erhalten.“ Laut der Physiotherapeutin Birgit Kumbrink verbessert eine Taping-Therapie die Muskelfunktion, verringert Schmerzen, unterstützt die Gelenke und führt zu einer besseren Zirkulation von Blut- und Lymphflüssigkeit.

Wissenschaftliche Beweise für die Wirkung fehlen

So vielfältig wie die angeblichen Wirkungen sind auch die Beschwerden, gegen die inzwischen getapt wird. Tapes sollen nicht nur akut bei Zerrungen oder Muskelfaserrissen helfen, sondern auch bei Entzündungen, Ödemen, Kopfschmerzen und sogar bei der Narbenbildung. Außerdem, sagt Experte Langendoen, stabilisiere das Tape Muskeln und Gelenke. Die Patienten bewegen sich dann durch die Stabilität und Schmerzlinderung des Tapes normal. Fehlstellungen werden vermieden und Therapien wirksamer. „Es gibt immer mehr Ideen, wofür K-Taping gut sein könnte“, sagt Langendoen. Und wünscht sich gleichzeitig mehr „Evidenz“, das heißt, mehr Beweise, dass Taping wirklich hilft.

Bisher beruht die Methode auf jahrzehntelanger Erfahrung von Sportmedizinern und Physiotherapeuten. Erfunden wurde das elastische Taping in den 70er Jahren von einem japanischen Arzt. Seither breitet es sich weltweit aus. Doch die wenigen wissenschaftlichen Studien zum Thema sind mangelhaft. Sportmediziner Herb fasst die Situation zusammen: „Das Thema wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Nur weil der wissenschaftliche Beweis fehlt, heißt es jedoch nicht, dass Tapes nicht wirken.“ Patienten wie die Volleyballerin Lena Schmidt sehen die Debatte gelassen: „Mir hilft es, und deshalb klebe ich es immer wieder auf.“

Die Krankenkasse zahlt die Kosten nicht

Gerade weil wissenschaftliche Belege fehlen, übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten nicht. Wie die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg mitteilt, sei K-Taping eine „weitere Behandlungsmethode, die keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ist und daher nur privat in Anspruch genommen werden kann.“

Aller Skepsis zum Trotz erscheinen immer mehr Bücher und Anleitungen zum Selbst-Tapen. Laut Taping-Spezialist Langendoen, der selbst ein Anleitungsbuch zum Tapen veröffentlich hat, kann jeder das Anlegen der Streifen lernen und selbst anwenden. „Es ist eine Methode ohne Nebenwirkungen.“ Er rät den Selbst-Tapern: Hör auf deinen Körper. Fühlt sich das angelegte Band komisch an oder verursacht es Schmerzen, dann weg damit.

Eine schwammige Aussage, der auch die Volleyball-Spielerinnen Lena Gscheidle und Lena Schmidt nicht ganz trauen. Die beiden lassen sich Tapes lieber von einer Physiotherapeutin anlegen. Denn auch in immer mehr Praxen gehört das Taping zum Angebot.

Wer es dennoch selbst versuchen möchte, sollte sich vorab gut informieren und beim Kauf der Streifen auf eine hohe und gleichbleibende Qualität achten. Physiotherapeutin Birgit Kumbrink warnt vor chinesischer Massenware. Sie rät, darauf zu achten, dass ein Produktname auf der Verpackung steht und dieser auch mit dem Verkaufsnamen übereinstimmt. Gute Qualität erkenne man daran, dass die Baumwollfasern eines Tapes rechtwinklig zueinander gewebt seien. Hochwertige Tapes sind wasser- und luftdurchlässig und können bei normaler Nutzung mindestens eine Woche getragen werden.