Alle Jahre wieder müssen Feierwütige an Karfreitag eine Pause einlegen Foto: dpa

Am Wochenende in die Clubs: Klingt banal, geht aber nicht immer. An Karfreitag und anderen Feiertagen herrscht in weiten Teilen Deutschlands das „Tanzverbot“. Besonders streng ist Baden-Württemberg – bislang.

Stuttgart - Es ist ein kleiner Kulturkampf zwischen christlicher Tradition und urbaner Kultur, der jedes Jahr am Karfreitag aufs Neue entfacht. Beim Thema Tanzverbot wollen weder Kirchen noch Clubbetreiber aufeinander zugehen. Der Tag, an dem Christen des Todes Jesu gedenken, bleibt für fast alle ein „stiller Tag“.

Die grün-rote Landesregierung denkt über eine Lockerung des Tanzverbots nach und schlägt sich damit auf die Seite der Gastronomen, die schon länger weniger Regulierung fordern, wobei noch keine Details bekannt sind. Dabei sieht es für sie in der Realität von Gründonnerstag bis Ostermontag nicht besonders problematisch aus.

Denn Kirchen sind auf kommunale Behörden angewiesen, um ihre Sicht der Dinge durchzusetzen. Die Städte und Gemeinden sehen aber aufgrund der niedrigen Anzahl von Beschwerden keine Notwendigkeit, zusätzliche Einsätze zu fahren, um illegale Tanzveranstaltungen zu unterbinden. „Bei Beschwerden gehen wir der Sache natürlich trotzdem nach. Und wenn ein Verstoß dagegen in anderem Zusammenhang, wie einer Drogenkontrolle, bemerkt wird, ahnden wir das ebenfalls“, sagt Martin Treutler, Leiter der Stuttgarter Gewerbe- und Gaststättenbehörde. Bis zu 1500 Euro kann die Ordnungswidrigkeit Clubbetreiber und andere Gastronomen kosten, in deren Räumlichkeiten gefeiert wird.

Mehr tanzfreie Tage als in anderen Ländern

Das Tanzverbot gilt nicht nur am Karfreitag, sondern in Baden-Württemberg an 17 anderen Feiertagen. Wenn auch meistens mit der Einschränkung, dass die Party erst ab 3 Uhr morgens vorbei sein muss. Das sind mehr tanzfreie Tage als in allen anderen Bundesländern.

Die Kirchen sehen es zumindest am Karfreitag als undiskutabel an, das Tanzverbot zu lockern: „Karfreitag kann aus Sicht der Katholischen Kirche nicht zur Disposition stehen“, sagte ein Sprecher der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Generell habe sich die Kirche aber offen für Lockerungen gezeigt. Stille Tage seien „Teil einer bedeutenden Gedenkkultur“, betonte auch der Sprecher der Evangelischen Landeskirche Württemberg.

Verbot hin, Verbot her: Unter dem Radar zu bleiben ist am Karfreitag das Ziel vieler Clubbetreiber. Michael Gottschalk, Betreiber des Clubs Climax Institutes, regt sich über das Tanzverbot auf: „Ein tanzender Flashmob am Karfreitag vor dem Rathaus wäre doch was! Wenn die Ordnungskräfte der Stadt dann einschreiten müssten – wie würden sich die Kirchen blamieren?“

Die Interessengemeinschaft Club Kollektiv Stuttgart formuliert die Begehrlichkeiten der Clubbetreiber etwas zaghafter: „Die Regelung ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Peter James, Geschäftsführer des Club Kollektivs, „eine Gesetzeslockerung würde bei uns sicher nicht auf Ablehnung stoßen.“

Proteste gegen Tanzverbot

Die Jungen Liberalen, die Jugendorganisation der FDP, schließen sich den Forderungen der Clubbetreiber an. „Der Staat verpflichtet an diesen Tagen alle Bürger, keinen Spaß zu haben“, sagt Juli-Landeschef Emanuel Kollmann. Dass das Verbot mit religiösen Gründen gerechtfertigt werde, sei nicht mehr zeitgemäß. „Jeder Einzelne soll selbst entscheiden dürfen, wie er die Osterfeiertage verbringen möchte.“ Niemand werde an der Ausübung seines Glaubens gehindert, wenn andere Menschen feierten.

In mehreren deutschen Städten sind für Karfreitag Proteste gegen das Tanzverbot geplant. Mitglieder der Piratenpartei kündigten an, als Ausdruck eines stillen Protestes auf dem Stuttgarter Schlossplatz zu Musik aus ihren Kopfhörern zu tanzen.