Alkohol darf nur bis 22 Uhr verkauft werden Foto: dpa

Das nächtliche Verkaufsverbot von Alkohol, das Baden-Württemberg vor über drei Jahren für Tankstellen und Supermärkte erlassen hat, hat sich aus Sicht des Innenministeriums bewährt.

Stuttgart - Das nächtliche Verkaufsverbot von Alkohol, das Baden-Württemberg vor über drei Jahren für Tankstellen und Supermärkte erlassen hat, hat sich aus Sicht des Innenministeriums bewährt.

Die von der schwarz-gelben Vorgängerregierung im März 2010 eingeführte Regelung, derzufolge zwischen 22 und 5 Uhr kein Alkohol verkauft werden darf, hat laut einer ersten großen Zwischenbilanz dafür gesorgt, dass an den Tankstellen Ruhe eingekehrt ist: Vor dem Verbot gab es landesweit 69 Tankstellen, an denen die Polizei regelmäßig eingreifen musste, weil dort Straftaten unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Meist handelte es sich um junge Partygänger, die sich dort zum „Vorglühen“ trafen, auch weil in den Discos die Getränke teurer sind. Nun gibt es nur noch Probleme an sechs Tankstellen, die vom Verbot aber nicht erfasst sind, weil sie eine gaststättenrechtliche Erlaubnis dazu haben, auch nach 22 Uhr noch Alkohol auszuschenken. Daher lautet das Fazit des Ministeriums: „Tankstellen sind praktisch kein nächtlicher Einsatzschwerpunkt mehr.“

18 der Tankstellen, die früher unangenehm auffielen, haben aufgrund des Verbots ihren Nachtbetrieb eingestellt oder auf Automatenbetrieb umgestellt. Das Ministerium schlägt nun vor, auch Getränkeautomaten vom Verbot zu erfassen, „um weitere Umgehungsversuche zu verhindern“, wie es in dem Bericht heißt, über den am kommenden Dienstag das Landeskabinett berät. Außerdem soll es künftig ausdrücklich auch sogenannten Alkoholbringdiensten untersagt werden, nach 22 Uhr noch Kunden zu beliefern. Teilweise haben diese Dienste bestritten, dass das Verbot für sie gilt.

Wirtschaftliche Belastung für Tankstellen

Die Hoffnung, durch das Verbot werde es nachts deutlich weniger Kriminalität geben, hat sich nicht erfüllt. Bei den einschlägigen Delikten (Gewalt gegen Sachen, Widerstand gegen Polizeibeamte, Körperverletzung) sei „insgesamt kein signifikanter Rückgang“ festzustellen, so der Bericht. Teilweise stieg die Zahl der Delikte sogar an. Im Vergleich zum Zeitraum zwischen 20 und 22 Uhr sei die Entwicklung aber in den Stunden zwischen 22 und 5 Uhr unterm Strich positiver verlaufen. Dies könne als Indiz dafür gewertet werden, dass das Verbot auch in diesem Bereich eine gewisse Wirkung entfalte.

Ganz sicher zu spüren bekamen das Verbot jene 243 Tankstellen im Land, die vor Inkrafttreten der Regelung rund um die Uhr geöffnet hatten. Nach Einschätzung des Verbands des Kraftfahrzeuggewerbes mussten diese Betriebe im Schnitt Verdienstverluste zwischen 15 000 und 18 000 Euro pro Jahr verkraften. Mehr als 1000 Arbeitsplätze seien abgebaut worden, glaubt der Verband, der vom Finanz- und Wirtschaftsministerium um eine Stellungnahme gebeten worden war. Das Innenministerium spricht von „nicht unerheblichen“ wirtschaftlichen Belastungen für die Tankstellen. Diese seien aber angesichts des Ziels, das man mit der Regelung verfolge, „hinnehmbar“.

Die Befürchtung, Gaststätten würden nachts in die Lücke stoßen und Alkohol zum Mitnehmen verkaufen, hat sich dem Bericht zufolge nicht bestätigt: „Eine Verlagerung des Problems durch einen vermehrten Gassenschank konnte nicht festgestellt werden.“ Landesweit wurden bislang 60 Verstöße gegen das Verkaufsverbot registriert.

Ob aus dem Bericht Lehren gezogen werden können für die umstrittene Frage, ob man notfalls auch das Trinken von Alkohol auf bestimmten öffentlichen Plätzen verbieten soll, ist noch unklar. Die entsprechende Arbeitsgruppe der Landesregierung soll sich mit dem Papier jedenfalls beschäftigen.