Das Clara-Zetkin-Haus in Sillenbuch bietet Vorträge und Veranstaltungen an. Auch die Wuppertaler Marx-Engels-Stiftung nutzt das Waldheim für eine China-Tagung. Foto: z

Auf Einladung der Marx-Engels-Stiftung spricht eine Mitarbeiterin der chinesischen Botschaft in Stuttgart-Sillenbuch über die Politik ihres Landes. Kritisch auseinandersetzen mit China wird sich das Podium eher nicht.

Sillenbuch - Kritische Fragen könnte ja das Publikum stellen, sagt Adele Sperandio vom Waldheim-Verein. Das Podium werde bei der Tagung „Die Volksrepublik China auf dem Weg ins 21. Jahrhundert“ am Samstag, 23. September, im Clara-Zetkin-Haus wohl eher weniger ein Ort für eine ausgewogene Debatte über die Entwicklung Chinas und seine Rolle in der Welt sein, meint sie. „Das ist bei uns doch immer linkslastig. Wir sind eben keine neutrale Institution“, sagt Sperandio.

Sicher seien auch Menschenrechte ein Anliegen der Linken, sagt Sperandio. „Aber dafür gibt es dann ja zum Glück nach den Vorträgen Raum für Diskussionen“, sagt sie. Sperandio betont, dass das Waldheim die Tagung nicht veranstaltet. Es stelle dem Veranstalter lediglich einen Raum zur Verfügung. Die Wuppertaler Marx-Engels-Stiftung organisiert die Veranstaltung zu China in Sillenbuch. Hinter ihr steht laut Informationen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes ein Verein, der zum Umfeld der als linksextremistisch geltenden Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) gehört. „Wir kooperieren mit der Marx-Engels-Stiftung“ sagt Sperandio.

Die Stiftung gilt als DKP-nah

Das Sillenbucher Waldheim erwartet auf Einladung des Wuppertaler Vereins am 23. September einen hohen Gast: Su Ping, eine Mitarbeiterin der chinesischen Botschaft spricht zum Auftakt der Veranstaltung um 10 Uhr darüber, wie China seine Rolle in einer multipolaren Welt definiert. Damit ist eine Weltordnung gemeint, in der verschiedene Regionalmächte Einfluss haben. Es sei eher unwahrscheinlich, dass der chinesischen Botschaftsmitarbeiterin auf dem Podium Fragen zur Menschenrechtslage in China gestellt werden, räumt Hermann Kopp von der Marx-Engels-Stiftung ein. Auch er verweist auf das Publikum, von dem er kritische Fragen durchaus erwarte, wie er sagt. „China ist unter Linken ja nicht ganz unumstritten.“ Kopp erklärt aber nicht, warum die Stiftung Referenten ausgewählt hat, von denen ein Kontrapunkt zu den Ausführungen Pings nicht unbedingt zu erwarten ist.

Ein Referent arbeitete für die Kommunistische Partei Chinas

Der Philosophieprofessor Eike Kopf wird den neuen Fünfjahresplan der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) erklären. Er arbeitete bis 2011 als Experte in der Marx-Engels-Abteilung beim Zentralkomitee der KPCh in Peking.

Professor Edgar Müller von der Deutsch-Chinesischen Freundschaftsgesellschaft Saar wird über die sogenannte Seidenstraßen-Initiative Chinas referieren. Die Volksrepublik plant den Aufbau eines verschiedene Kontinente verbindendes Infrastrukturnetzes. Der Historiker und bekennende Kommunist Georges Hallermayer möchte im weiteren Verlauf der Tagung „aktuelle Sumpfblüten antikommunistischer, antichinesischer Propaganda“ entlarven.

Ebenso soll als weitere Frage die Instrumentalisierung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) thematisiert werden. China hatte voriges Jahr mit einer Gesetzesnovelle internationale Kritik erregt. Alle nicht staatlichen Organisationen wurden 2016 unter die Oberaufsicht der Polizei gestellt. Näher betrachtet werden soll bei der Veranstaltung laut Tagungsprogramm auch das von China und Russland propagierte Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten. China schickte im Juni Soldaten in den Nachbarstaat Bhutan, um dort eine Straße zu bauen. Indien reagierte als Schutzmacht mit einer Mobilisierung von Truppen. Die Begründung Chinas für das Vorgehen lautete, dass das Gebiet historisch zu China gehöre, obwohl es nach internationalem Recht auf dem Territorium Bhutans liegt.

Laut Information des Veranstalters soll die Tagung im Clara-Zetkin-Haus eine grundlegende Frage erörtern: „Was können wir von China lernen?“