Eine individuell gestaltete Kneipe scheinen in Stuttgart fast ausgestorben. Eine Ausnahme das Lumen im Westen der Stadt.
Stuttgart - Gemischte Gefühle beschleichen den Gast in der Magengrube, wenn er das Gasthaus in der Hauptstätter Straße 61 betritt. Das nicht etwa deshalb, weil hier Magerkost geboten würde, sondern aufgrund der Tatsache, dass sich hier zuletzt kein Lokal lang gehalten hat. Ein Wechsel folgte auf den anderen. Zuletzt hat sich hier Michael Braun mit seinem Brauns versucht. Jetzt also das Origami.
„Von der Vorgeschichte haben wir nicht viel gewusst. Die Lage hat uns einfach gefallen“, sagt Phuc Nguyen. Der junge Mann ist kein Unbekannter in Stuttgart. Nach Gastronomiestationen in Berlin und Leipzig hat er das Phuc an der Marienstraße mitbegründet und kräftig am Boom des asiatischen Bubbleteas in der Region mitgearbeitet. „Die Stadt gefällt mir. Man hat hier ein gewisses Niveau“, sagt Nguyen.
Das lässt sich auch von seiner neuesten Idee behaupten. Im Origami trifft wie in der gleichnamigen Papierfaltkunst Tradition auf neue Kreationen. Dazu japanische auf vietnamesische Küche. Besonders Sushi steht auf der Karte – auch solches, das für Kenner der Materie etwas Neues ist. Dazu gibt es Suppen und einige Nudelgerichte. Wer sich also nicht so recht an Fisch herantraut, wird trotzdem satt. Und das mit viel Raffinesse zu wirklich fairen Preisen.
Die Bestellung geht einmal quer durchs Sortiment. Aus dem Sushi-Bereich bietet der Maki-Mix (10,90 Euro) von allem etwas und überzeugt ebenso wie die Summer Rolls (3,50 Euro). Die Hähnchenspieße Yakitori (3,50 Euro) sind herrlich zart. Die Kokos- Shrimp-Suppe (7,90 Euro) und das Mango-Hühnchen (7,90 Euro) gehen eigentlich als vollständige Mahlzeiten durch und verbinden würzige mit feinen Noten. Durch die Bank lecker. Nachtisch steht zwar keiner auf der Karte, aber auf Nachfrage gibt es gebackene Bananen oder Bananen in Kokosmilch (4,50 Euro). Dazu können Bierliebhaber zwischen zwei japanischen und einem vietnamesischen Gerstensaft wählen.
Der Gesamteindruck an diesem Abend wird lediglich ein wenig durch den Service getrübt. Zwar werden die Gäste mit einer großen Freundlichkeit bedient, allerdings nur gelegentlich. Die Leute am Nachbartisch warten ebenso vergeblich auf die bestellten Stäbchen wie wir auf die Löffel, die für den Nachtisch fehlen. Wir bedienen uns schließlich selbst am Servierwagen. Danach trägt der Kellner ab, ohne sich an das Problem zu erinnern.
Das soll aber nicht zu schwer ins Gewicht fallen. Kulinarisch gesehen ist das Origami eine klare Empfehlung. Phuc Nguyen hat gute Chancen, seine Vorgänger an dieser Stelle deutlich zu überdauern.
Infos und Adresse
Küche: Verbindet Tradition und Moderne
Atmosphäre: Asien passt ins rustikale Gasthaus-Ambiente
Service: Freundlich, aber unaufmerksam
Preis-Leistungs-Verhältnis: Gerade für Innenstadtverhältnisse stark